Sicherheitstagung: Beziehungen zu China im Fokus
Konferenz des BfV und der ASW unter dem Motto „Eine Welt in Aufruhr, Herausforderungen für unsere Lieferketten, Forschung und Kritische Infrastruktur"
16. Sicherheitstagung in Berlin - Foto: ASW Bundesverband Allianz für Sicherheit in der Wirtschaft e. V.
Wachsende Spannungen mit Peking, „ausgelöst durch den Besuch von Nancy Pelosi in Taiwan“, sieht der ASW-Vorsitzende Volker Wagner als die größte Herausforderung für die deutsche Wirtschaft in der nächsten Zeit. Wagner, Vorstandsvorsitzender der Allianz für Sicherheit in der Wirtschaft, betonte diese Befürchtung auf der 16. Sicherheitstagung des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) und der ASW im Allianz-Forum am Brandenburger Tor in Berlin. Im Fokus der Tagung stand unter anderem die Fragilität der Lieferketten, die bereits durch die Pandemie und den Russland-Ukraine-Konflikt besonderen Belastungen ausgesetzt waren und sind. Ein weiterer Schwerpunkt waren die wirtschaftlichen wie auch wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Beziehungen mit der Volksrepublik China.
Im Begrüßungsstatement der Tagung, die unter dem Motto „Eine Welt in Aufruhr. Herausforderungen für unsere Lieferketten, Forschung und Kritische Infrastruktur“ stattfand, betonte Wagner, dass die Anschläge auf Nord Stream 2 und die Bahn allen die Verletzlichkeit der Kritischen Infrastruktur vor Augen geführt haben.
Die Wirtschaftsschutzallianz registriere, wie Wagner hervorhob „massiv steigende Preise und Probleme in unseren globalen Lieferketten.“ Viele Wirtschaftsexperten befürchten, so Wagner, „für die nächsten Monate eine stark zurückgehende Nachfrage verbunden mit einem schwachen bis rückläufigen Wirtschaftswachstum. Drastisches Kostenmanagement wird für viele Firmen überlebensnotwendig“.
Die Sicherheit der Lieferketten war deshalb auch ein zentrales Thema der Tagung. „Zwei von drei Cyberangriffen sind Attacken auf eine Lieferkette“, heißt es auch in der aktuellen Ausgabe von „Single Point of Contact“ („Spoc“), dem Magazin des BfV, das auf der Veranstaltung verteilt wurde. Zu den Angreifern heißt es dazu weiter: „Dahinter können kriminelle Gruppierungen mit finanziellen Motiven stecken, aber auch Spionage oder Sabotage durch staatliche Stellen.“
Auf den Krieg zwischen Russland und der Ukraine eingehend, meinte Sinan Selen, Vizepräsident der BfV in seinen Eröffnungsworten, zur Wahrheit gehöre auch, „dass sich liberale Demokratien bereits vor dieser Konstellation in einer Kollision mit autoritären Herausforderungen befunden haben.“ Deutschlands Sicherheit, so Selen weiter, werde „nicht zuletzt von seiner Fähigkeit abhängen, in diesem globalen strategischen Wettstreit effektiven Wirtschaftsschutz gewährleisten zu können.“
Das Hauptaugenmerk bei dieser Sicherheitstagung unzweideutig in Richtung Fernost. „Wirtschaftlich, wissenschaftlich und militärisch will China bis 2049 global führend sein“, heißt es im BfV-Magazin „Spoc“, „und setzt Spionage gezielt ein, um der nationalen Forschung und Entwicklung einen Vorteil gegenüber der internationalen Konkurrenz zu verschaffen. Dazu kann das Land auf scheinbar unerschöpfliche menschliche und finanzielle Ressourcen zurückgreifen. Von der Regierung aufgesetzte Programme unterstützen die ambitionierten Ziele des Landes zusätzlich.“
Spürbar blieb auf der Tagung, dass die wirtschaftlichen Beziehungen zu China weder vom BfV noch von der ASW grundsätzlich infrage gestellt werden. ASW-Chef Wagner verwies in der Pressekonferenz darauf, dass sich deutsche Unternehmen, die sich mit dem Gedanken tragen, in China eine Dependance zu errichten, die Expertise des Verfassungsschutzes einholen könnten. Wagner räumte allerdings ein, dass noch Handlungsbedarf „bei einem Großteil der deutschen Wirtschaft, das ist der Mittelstand“ bestehe. Da finde der Austausch noch nicht statt. Was vor allem daran liege, dass diese „keine einzelnen Sicherheitsexperten-Funktionen haben.“
Auf die Frage eines Pressevertreters, ob sich deutsche Unternehmen aus dem Geschäft mit China zurückziehen sollen, sagte Wagner, er hielte das „für verkehrt“. Er denke, „auch wenn der Grundsatz Wandel durch Handel bei China an seine Grenzen kommt“, solle „sich weiter in China engagieren.“ Er mahnte jedoch zu verstärkter Vorsicht.
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Peter Niggl
Peter Niggl, Journalist und Chefredakteur der Fachzeitschrift Security Insight