Resilienz gegen hybride Risiken
Das Schadensvolumen durch Wirtschaftskriminalität hat sich in Deutschland innerhalb eines Jahrzehnts auf rund 267 Milliarden Euro verfünffacht – angetrieben durch hybride Bedrohungen aus physischen und digitalen Angriffen. Die Sicherheitskonferenz "STATE OF SECURITY" fordert ganzheitliche Schutzkonzepte für Unternehmen, um diesen Gefahren wirksam zu begegnen.

Um aktuellen Bedrohungen zu begegnen, braucht es ganzheitliche Lösungen, die alle sicherheitsrelevanten Bereiche einbeziehen.
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Schadensvolumen durch Wirtschaftskriminalität hat sich in Deutschland innerhalb eines Jahrzehnts verfünffacht
Hybride Gefahrenlagen nehmen rasant zu – und mit ihnen der Druck auf Staat, Wirtschaft und Gesellschaft. Durch die Kombination physischer Übergriffe und Cyberkriminalität hat sich das Schadensvolumen durch Wirtschaftskriminalität in Deutschland innerhalb eines Jahrzehnts verfünffacht – zuletzt auf rund 267 Milliarden Euro. Eine bedrohliche Entwicklung für den Wirtschaftsstandort Deutschland, der umfassende Schutzmaßnahmen entgegengesetzt werden müssen. Das war auch der Konsens auf der „STATE OF SECURITY“ am 3. Juni mit mehr als 150 Vertretern aus Wirtschaft, Behörden und Politik.
In einem zunehmend angespannten globalen Sicherheitsumfeld rücken Kritische Infrastrukturen (KRITIS) verstärkt ins Visier krimineller und staatlich gesteuerter Angreifer – allen voran aus Russland und China. Aufgrund ihrer systemrelevanten Funktionen und möglicher Kaskadeneffekte bei Ausfällen sind sie besonders verwundbar. Doch auch Unternehmen außerhalb des KRITIS-Sektors sind bedroht: Laut Bitkom sind 74 Prozent der Firmen von digitalem Ausspähen betroffen oder vermuten dies, rund 70 Prozent berichten von digitaler Sabotage. Hinzu kommen analoge Gefahren wie Brandstiftung, Vandalismus oder Metalldiebstahl, die oft Schäden in Millionenhöhe verursachen und mitunter zu Insolvenzen führen.
Interdisziplinären Austausch und praxisorientierte Sicherheitskonzepte
Besonders gefährdet sind die Hidden Champions des Mittelstands: innovationsstark, aber sicherheitstechnisch häufig unzureichend aufgestellt. Gerade in wirtschaftlich angespannten Zeiten wird an der Sicherheit gespart – mit wachsendem Risiko. Der Bedarf an umfassendem Schutz ist daher dringlicher denn je. Hier setzte eine der führenden Fachveranstaltungen der Branche an: Die Sicherheitskonferenz STATE OF SECURITY in Berlin widmete sich dieses Jahr dem Thema „Digitale und physische Sicherheit im Zusammenspiel: Unternehmensschutz ganzheitlich betrachtet“. Vor elf Jahren von KÖTTER Security und German Business Protection (GBP) ins Leben gerufen, hat sich die Konferenz als einzigartiges Forum für interdisziplinären Austausch und praxisorientierte Sicherheitskonzepte etabliert.
Unter den Experten herrschte Einigkeit: Um aktuellen Bedrohungen zu begegnen, braucht es ganzheitliche Lösungen, die alle sicherheitsrelevanten Bereiche einbeziehen. Prof. Dr. Harald Olschok von der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin, Moderator der Podiumsdiskussion „Ganzheitlicher Unternehmensschutz: Relevanz, Status Quo und Ausblick“, betonte: „Optimale Unternehmenssicherheit funktioniert nicht mit punktuellen Maßnahmen. Nur ganzheitliche Lösungen schaffen Resilienz gegen die steigenden analogen und digitalen Gefahren – basierend auf individueller Risikoanalyse, umgesetzt von eingespielten Teams und abgestimmten Gewerken. Nicht jedes Sicherheitsunternehmen ist in der Lage, diesen komplexen Anforderungen gerecht zu werden.“
Drei Fragen an Dirk H. Bürhaus, langjähriger Geschäftsführender Direktor in der KÖTTER Security Gruppe und zudem Geschäftsführer des Cyber Security-Spezialisten G.I.P., an dem das Familienunternehmen eine Mehrheitsbeteiligung hält.
Herr Bürhaus, nicht nur die Zahl digitaler Angriffe steigt, auch die der physischen Attacken, wie Sabotage, Vandalismus etc. Dabei setzen viele Unternehmen bereits u. a. auf Zutrittskontrollen und Videoüberwachung. Reicht das nicht aus?
Analoge Bedrohungen müssen gleichwertig zu digitalen Risiken betrachtet werden. Denn Metalldiebstähle, Vandalismus im ÖPNV oder Brandstiftungen in Produktionsbereichen verursachen oft Millionenschäden. Im schlimmsten Fall führen sie durch lange Betriebsunterbrechungen sogar zur Existenzgefährdung. Was bestehende Schutzmaßnahmen betrifft: Schon bei den einzelnen Komponenten entscheidet die Qualität über den tatsächlichen Schutzeffekt. Hightech-Kameras bringen wenig, wenn zwar die Haupteinfahrt überwacht ist, aber Nebenzugänge ungeschützt bleiben. Das gleiche Prinzip gilt auch in der Cyber Security – Investitionen in Firewalls und Virenscanner reichen allein nicht aus.
Sicherheit muss also ganzheitlich und interdisziplinär betrachtet werden?
Absolut! Eine fundierte Analyse und ein qualifiziertes Consulting sind zwingend notwendig für eine professionelle 360-Grad-Sicherheitslösung – das gilt bei physischer ebenso wie bei digitaler Sicherheit. Gerade deshalb sind auch Formate wie die Sicherheitskonferenz STATE OF SECURITY von besonderer Bedeutung: Sie bieten eine Plattform für offenen Austausch, interdisziplinäre Diskussionen und praxisnahe Einblicke. Solche Veranstaltungen fördern nicht nur das Bewusstsein für aktuelle Bedrohungslagen, sondern liefern auch wertvolle Impulse für integrierte Schutzkonzepte, die über Branchengrenzen hinweg gedacht und umgesetzt werden müssen.
Was verstehen Sie konkret unter dem Konzept der 360-Grad-Unternehmenssicherheit?
Ziel ist es, für ein beauftragtes Objekt eine durchgängige, umfassende Sicherheitsabdeckung zu gewährleisten. Das gelingt jedoch nur, wenn sämtliche sicherheitsrelevanten Bereiche ganzheitlich betrachtet und integriert werden. Grundlage ist, wie bereits angeführt, eine fundierte Sicherheitsanalyse. Darauf aufbauend umfasst das Konzept klassische Bausteine wie Sicherheitsdienstleistungen, moderne Sicherheitstechnik und verschiedene Aspekte der Cyber Security. Hinzu kommen ergänzende Komponenten wie Feuerwehr- und Rettungsdienste sowie ein effektives Alarmmanagement. Besonders wichtig: Über alle genannten Bereiche hinweg – und bei international oder bundesweit tätigen Unternehmen auch standortübergreifend – muss ein gleichbleibend hoher Qualitätsstandard sichergestellt sein.