Leitlinien der Abgrenzung von Gerätebatterien zu Industriebatterien unter Geltung der neuen Batterieverordnung
Die Batterieverordnung verfolgt einen umfassenden Regelungsansatz - Foto: Gerd Altmann / Pixabay
Für Rechtsanwender ist die Frage der Abgrenzung zwischen Geräte- und Industriebatterien in der neuen Batterieverordnung (im Folgenden: Batterieverordnung) von großer Wichtigkeit. Denn in der im Juli 2023 verabschiedeten Batterieverordnung finden sich etwa Regelungen, die nur für Geräte-, nicht aber für Industriebatterien gelten. Zum Teil kann die Beantwortung der Frage maßgeblich dafür sein, ob eine bestimmte Batterie in Verkehr gebracht werden darf oder nicht.
- Problemaufriss
Die Batterieverordnung verfolgt einen umfassenden Regelungsansatz. Diesem Ansatz entsprechend enthält sie Regelungen für (fast) alle Arten von Batterien. Deutlich wird dies u.a. in Artikel 1 Abs. 3 der Verordnung. Darin heißt es:
„Diese Verordnung gilt für alle Kategorien von Batterien, namentlich Gerätebatterien, Starterbatterien, Batterien für leichte Verkehrsmittel (im Folgenden „LV-Batterien“), Elektrofahrzeugbatterien und Industriebatterien, unabhängig von Form, Volumen, Gewicht, Gestaltung, stofflicher Zusammensetzung, Typ, chemischer Zusammensetzung, Verwendung oder Zweck“.
Einzelne Regelungen beziehen sich aber nur auf bestimmte Kategorien. Wichtig in diesem Zusammenhang ist vor allem die neue stoffliche Beschränkung für Blei, welche sich aus Artikel 6 Absatz 1 Batterieverordnung in Verbindung mit Anhang 1 der Batterieverordnung ergibt. Dort ist nämlich geregelt, dass der Massenanteil Blei in Gerätebatterien ab dem 18. August 2024 nicht mehr als 0,01 % betragen darf. Eine solche stoffliche Beschränkung findet sich in dem Vorgängerrechtsakt (der Richtlinie 2006/66/EG) sowie dem Batteriegesetz als nationalem Umsetzungsgesetz noch nicht.
Das Verbot bezieht sich allein auf Gerätebatterien – eine entsprechende Vorgabe für Industriebatterien enthält die Verordnung dagegen nicht. Damit ist die Frage aufgeworfen, wann eigentlich eine Geräte- und wann eine Industriebatterie vorliegt. Dem soll im Folgenden (unter Außerachtlassung weiterer Kategorien) nachgegangen werden.
- Abgrenzung
Ausgangspunkt der Bestimmung sind die Definitionen der Batterieverordnung. In Art. 3 Abs. 1 Nr. 9 Batterieverordnung wird die Gerätebatterie definiert. Eine Gerätebatterie ist hiernach
eine Batterie, die gekapselt ist, 5 kg oder weniger wiegt, nicht speziell für die industrielle Verwendung ausgelegt ist und bei der es sich nicht um eine Elektrofahrzeugbatterie, eine LV-Batterie oder eine Starterbatterie handelt.
Eine Industriebatterie ist dagegen nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 9
eine Batterie, die speziell für die industrielle Verwendung ausgelegt ist, die nach der Vorbereitung zur Wiederverwendung oder der Vorbereitung zur Umnutzung für die industrielle Verwendung bestimmt ist, oder jede andere Batterie, die mehr als 5 kg wiegt und weder eine LV-Batterie, eine Elektrofahrzeugbatterie noch eine Starterbatterie ist.
In Ansehung dieser Definitionen ergibt sich: Bei nicht gekapselten Batterien oder Batterien, die mehr als 5 kg wiegen, ist die Zuordnung klar: Es fehlt an Voraussetzungen für das Vorliegen einer Gerätebatterie, so dass es sich (ungeachtet der anderen Kategorien) nur um Industriebatterien handeln kann.
Wo es jedoch um gekapselte Batterien geht, die zudem 5 kg oder weniger wiegen, sind die Definitionen zunächst kongruent. Entscheidend ist dann, ob die Batterie speziell für eine industrielle Verwendung ausgelegt ist. Dieses Merkmal ist in der Batterieverordnung nicht definiert – Leitlinien zum Begriffsverständnis müssen daher durch Auslegung ermittelt werden:
Der Wortlaut spricht dabei dafür, eine industrielle Verwendung nur dann anzunehmen, wenn ein Bezug zur Herstellung von Produkten besteht.
- Schließlich wird unter „Industrie“ im Sprachgebrauch derjenige Wirtschaftszweig verstanden, der die Gesamtheit aller mit der Massenherstellung von Konsum- und Produktionsgütern beschäftigten Fabrikationsbetriebe eines Gebietes umfasst.
- Dieses Ergebnis deckt sich auch mit dem Begriffsverständnis von industrieller Nutzung, das in Anlehnung an die Hinweise der Kommission zum Anwendungsbereich der Waste of Electrical Equipment-Richtlinie im Zusammenhang mit industriellem Großwerkzeug entwickelt wurde. Hiernach liegt eine Benutzung zu industriellen Zwecken vor, wenn die Geräte nach ihrer hauptsächlichen Zweckbestimmung für die gewerbliche, handwerkliche oder industrielle Produktion eingesetzt werden.
Allerdings ergeben sich mit Blick auf Erwägungsgrund (EG) 15 der Verordnung andere Maßgaben:
- Darin heißt es: „Die Kategorie Industriebatterien umfasst eine große Gruppe von Batterien, die für industrielle Tätigkeiten, Kommunikationsinfrastruktur, landwirtschaftliche Tätigkeiten oder die Erzeugung und Verteilung elektrischer Energie bestimmt sind. Batterien, die nach der Vorbereitung zur Umnutzung oder der Umnutzung einer industriellen Nutzung zugeführt werden, obwohl sie ursprünglich für eine andere Nutzung konzipiert waren, sollten für die Zwecke dieser Verordnung als Industriebatterien gelten.“ Im Weiteren wird klargestellt, dass es sich bei dieser Auflistung allein um eine „nicht erschöpfende Beispielliste“
- Hieraus lassen sich mehrere Lehren ziehen: Erstens wird für Batterien mit Verwendungen in den genannten Bereichen eine Zuordnung zu Industriebatterien vorgenommen. Im Einzelfall kann dabei wiederum strittig sein, ob eine Verwendung diesen Bereichen zuzuordnen ist. So ergibt sich etwa nicht ohne weiteres, was genau mit „Kommunikationsinfrastruktur“ gemeint ist. Zweitens wird in Ansehung dieser beispielhaften Bereiche deutlich, dass – anders als der Wortlaut suggeriert – ein Produktionsbezug nicht zwingend erforderlich ist. Drittens stellt EG 15 klar, dass es sich bei dem Begriff Industriebatterien um einen weiten Begriff handelt („große Gruppe“) und damit gegenüber dem Begriff der Gerätebatterien womöglich um den weiteren.
EG 15 lassen sich weitere Leitlinien entnehmen. Im Weiteren heißt es:
- „Batterien, die zur Energiespeicherung im privaten oder häuslichen Umfeld verwendet werden, sollten für die Zwecke dieser Verordnung als Industriebatterien gelten. Batterien, die zum Antrieb von Radfahrzeugen verwendet werden, die als Spielzeug […] gelten, sollten […] als Gerätebatterien gelten.“
- Hierdurch wird zugleich deutlich, dass auch Batterien im häuslichen Umfeld nicht stets als Gerätebatterien klassifiziert werden können. Eine solche Interpretation erschiene ja plausibel – gerade mit Blick auf die oben genannte stoffliche Begrenzung in Bezug auf Blei und dem damit in Verbindung stehenden Gefahrenschutz. Aufgrund des in EG 15 genannten Beispiels muss eine solche pauschale Zuordnung aber entfallen.
- Zusammenfassung und Ausblick
Bei nicht gekapselten Batterien oder Batterien, die mehr als 5 kg wiegen, ist die Zuordnung klar: Es kann sich (ungeachtet der weiteren in der Batterieverordnung geregelten Kategorien) allein um Industriebatterien handeln. Außerhalb davon ist entscheidend, ob bestimmungsgemäß eine speziell industrielle Verwendung vorliegt oder nicht. Bei Beschäftigung mit den Erwägungsgründen der Verordnung zeigt sich, dass ein enges Verständnis der „industriellen Verwendung“ im Sinne des Wortlauts richtigerweise nicht aufrechterhalten werden kann. Auch unter Berücksichtigung der Erwägungsgründe und der dort aufgezählten (teils unbestimmten) Beispiele verbleiben aber im Einzelfall Rechtsunsicherheiten. Auch kann nicht ausgeschlossen werden, dass zum Beispiel die Marktaufsicht ihre Bestimmung am engeren Wortlaut orientiert. Erzeuger könnten hier etwa vorsorgen, indem sie sich von ihren Lieferanten vertraglich eine Konformität mit den für eine bestimmte Verwendung geltenden Vorschriften garantieren und eine Freistellung im Falle des behördlichen Einschreitens zusichern lassen. Wünschenswert wäre zudem, dass künftige Auslegungspapiere der Kommission das Begriffsverständnis noch weiter konkretisieren.
Mehr Artikel vom Autor
Dr. Felix Holländer
Dr. Felix Holländer studierte in Münster und Oslo. Er promovierte in Düsseldorf zu einem verfassungsrechtlichen Thema. Nach seinem Zweiten Staatsexamen erfolgte der Berufseinstieg bei einer internationalen Großkanzlei in Hamburg. Im Oktober 2023 erfolgte der Wechsel zu Franßen und Nusser, wo Felix Holländer zum Umwelt- und Produktrecht berät.