Europäische Union ist bis jetzt der wichtigste Handelspartner Afrikas Foto: Janus Consulting GmbH
Das Rennen in der Globalisierung um den letzten großen Kontinent hat schon längst begonnen. Deutsche Unternehmen setzen immer noch zuerst auf die chinesischen und indischen Märkte, während Unternehmen beider Volkswirtschaften mittel- und langfristig der Europäischen Union den Rang in Afrika ablaufen werden.
Afrika ist der Kontinent der Vergangenheit und der Zukunft. Die Welt verdient mit Afrika, und umgekehrt. Die Europäische Union ist bis jetzt der wichtigste Handelspartner Afrikas. Beide Kontinente verbindet im Jahr 2019 ein ausgeglichenes Handelsvolumen von 281,2 Milliarden EUR. Ein Anstieg von 42,5% innerhalb der letzten 10 Jahre. Auch Indien ist sich der Bedeutung des afrikanischen Kontinents bewusst und engagiert sich ebenso wie China massiv vor Ort. Bedenkt man, dass sich das Handelsvolumen zwischen Afrika und Indien im Jahr 2001 auf 7,2 Mrd. USD belief, hat es sich in einem Zeitraum von nicht einmal 20 Jahren mehr als verachtfacht. Chinesische Unternehmen realisieren dort teilweise die Wachstumszahlen, die sich deutsche Unternehmen mit ihrem Engagement in China versprochen haben. Die chinesische Volkswirtschaft ist inzwischen der zweitwichtigste Handelspartner Afrikas. Dies bleibt nicht ohne Konsequenzen und möglichen Auswirkungen für die Internationale Sicherheitslage. Katastrophal wäre für Europa und die Afrikaner selbst ein afrikanischer Kontinent, der durch die chinesische Wirtschaft, die nicht nur Technik exportiert, sondern auch gerne eigene Arbeitskräfte, darunter Zwangsarbeiter, Häftlinge und Illegale, mitbringt statt Jobs vor Ort zu schaffen, dominiert wird.
Schlusslicht Deutschland
Oft waren es keine Kenntnis über lokales Wirtschaftspotential, mangelnde Erfahrungswerte mit Afrika oder insbesondere die nicht immer unbegründete Befürchtung von Sicherheitsrisiken die deutsche Unternehmen bisher von einem Engagement auf dem afrikanischen Kontinent zögern ließen. Damit haben sie ihr Potential geradezu sträflich vernachlässigt. In einem Zeitraum von 10 Jahren wurde kein signifikantes Wachstum erzielt. Die deutsche Wirtschaft ist der einzige Handelspartner, der bisher nicht vom Wachstum Afrikas profitiert hat. Beim Jahresempfang der mittelständischen Wirtschaft im Jahr 2020 machte Dr. Gerd Müller, Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung darauf aufmerksam, dass in Afrika 6 der 10 dynamischsten Volkswirtschaften liegen. „ Mein Ministerium unterstützt bspw. durch verschiedene Entwicklungsinvestitionsfonds. Hiervon profitieren sowohl der europäische, wie auch der afrikanische Mittelstand. Das ist einmalig“, so Dr. Müller. Insbesondere zeige die Entwicklung im Senegal das Reformpartnerschaften auf Augenhöhe Erfolg haben: Wir forderten 19 Punkte gegen Korruption innerhalb von einem Jahr ein. Heute steht der Senegal beim Thema Korruption besser da als einige osteuropäische EU-Mitgliedsstaaten.
Wechsel auf die Überholspur
Inzwischen entwickeln sich bedingt durch eine gebildete, meist europäisch geprägte Mittel- und Oberschicht in Afrika auch Sicherheit, Stabilität und Wirtschaftswachstum. Richtig ist auch, dass in einigen Zonen Afrikas weiterhin die traditionellen Probleme vorherrschen, aber: die guten Nachrichten mehren sich. Laut eines komparativen Berichts der Weltbank waren sowohl Deutschland (+13,68%) als auch Europa und Zentralasien (+8,70%) Schlusslicht beim internationalen Wirtschaftswachstum (+32,77) im Zeitraum 2010 – 2019. Die Wachstumszahlen der Region Ostasien und Pazifik (+58,86%) sind beeindruckend, aber die meisten der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften der Welt befinden sind auf dem afrikanischen Kontinent. 12 afrikanische Volkswirtschaften haben im gleichen Zeitraum ein Wachstum von 61,68% bis 220,74 %. Primus beim Wirtschaftswachstum ist dabei Äthiopen. Immer mehr afrikanische Staaten schaffen es in das alle zwei Jahre erscheinenden Ranking des Weltwirtschaftsforums (WEF). Afrikanischer Spitzenreiter im Jahr 2019 auf Position 31 ist das afrikanische Partnerland des Landes Rheinland-Pfalz, der Staat Ruanda. Inzwischen tauchen in den Rankings des WEF weitere afrikanische Staaten auf, die in früheren Ausgaben nicht erfasst wurden. Anders sieht die Lage in Europa aus. Die Tendenz läuft in die entgegengesetzte Richtung. Deutschland rettet sich im Jahr 2019 auf Position 41, nachdem es 2017 den Tiefpunkt mit Position 51 erreichte, gefolgt von Gambia. Welch beispielloser Absturz, da Deutschland in den Rankings 2011 und 2013 jeweils auf dem 2. Platz stand. Aber wir sind in guter Gesellschaft mit Großbritannien auf Position 45, Frankreich auf 50, Belgien auf 51 und Italien auf 69.
Verbesserte polizeiliche Zusammenarbeit
Das Africain Police Office (Afripol) wurde 2015 unter der Schirmherrschaft der Afrikanische Union gegründet. Afripol fördert den Informationsaustausch und die polizeiliche Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten innerhalb der Afrikanischen Union in Fragen der internationalen Kriminalität, des Terrorismus, des Drogen- und des Waffenhandels in Afrika. 2019 unterzeichneten Interpol und die Afrikanische Union (AU) ein Abkommen zum Informationsaustausch über Afripol zur Bekämpfung von Terrorismus und Organisierter Kriminalität.
Auch beim Thema Korruption machen viele afrikanische Staaten Vorschritte. Vergleicht man hierzu den Korruptionswahrnehmungsindex (CPI) 2020 von Transparency International e.V. mit dem Jahr 2011 sind auch hier große Verbesserungen innerhalb dieses Zeitraums zu verzeichnen.
Chance für die deutsche Wirtschafts- und Entwicklungspolitik
Gerade jetzt wird in Afrika die Panafrikanische Freihandelszone geschaffen. Einmal abgeschlossen handelt es sich um die größte globale Freihandelszone gemessen an der Zahl der teilnehmenden Länder. Die African Continental Free Trade Area (AfCFTA) vereint 55 Länder, 1,3 Milliarden Menschen und ein kombiniertes Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 3,4 Billionen US-Dollar. Das Transformations- und Geschäftspotential Afrikas steigt damit noch weiter! Einzelne Staaten des afrikanischen Kontinents bieten im jetzigen Entwicklungsstadium vor allem für kleine und mittelständische Unternehmen Wachstumspotential und neue Absatz-Märkte. Insbesondere im immer mehr kritisierten Verhalten Chinas und seiner Unternehmen liegt die Chance für die deutsche Wirtschafts- und Entwicklungspolitik, indem sie nicht nur Projekte vor Ort umsetzt, sondern auch einheimische Kräfte nach westlichen Standards schult um einen wirklichen Beitrag zur Entwicklung von nachhaltigen Arbeitsplätzen zu leisten.
„Afrika ist der Kontinent der Zukunft und der deutsche Mittelstand sollte sich beteiligen“.
Wertvolle Ersthilfe bietet neben dem exzellenten Netzwerk an Außenhandelskammern (AHKs), den traditionellen Anbietern für Länderanalysen und Reisesicherheit auch das frei im Internet verfügbare „World Factbook“ der CIA (www.cia.gov/the-world-factbook/), das zu jedem Land der Welt, auch den afrikanischen Staaten, alle wichtigen Fragen bezüglich Geographie, Gesellschaft, Regierung, Wirtschaft, Energie, Kommunikation, Transport, Militär und Sicherheit, Terrorismus sowie transnationale Fragen eingehend beantwortet. Im Rahmen dieser bemerkenswerten Initiative leistet die CIA („Wir sind die erste Verteidigungslinie der Nation“) einen wichtigen, frei verfügbaren Beitrag zur Stärkung amerikanischer Wirtschaftsinteressen im Ausland. Eine ähnliche Initiative für die deutsche Wirtschaft wäre auch seitens des BND, zu begrüßen.
Quellen: The World Bank, Statistisches Bundesamt (Destatis), UNCTAD-Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung, Eurostat-Statistische Amt der Europäischen Union, Johns Hopkins China-Africa Research Initiative, India-Africa Trade and Investment Cooperation for Economic Development
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Bernd Oliver Buehler
Bernd Oliver Buehler ist geschäftsführender Gesellschafter der JANUS Consulting GmbH. Er studierte Wirtschaftswissenschaften an der Universität Poitiers und absolvierte ein Aufbaustudium an der Pariser Schule für Wirtschaftskrieg. Bernd Oliver Bühler verfügt über mehr als 20 Jahre Berufserfahrung. Er berät internationale Unternehmen in Wirtschafts- und Sicherheitsfragen.