Direkt zum Inhalt

Oberlichter als Rauchabzug – Schadenfall durch fehlerhafte Berechnung und Ausschreibung

12.10.2020

Sporthallen gehören zu öffentlich genutzte Gebäuden, was bedeutet, dass die Brandschutzvorkehrungen neuen Erkenntnissen des Brandschutzes anzupassen sind

Sporthallen müssen als öffentlich genutzte Gebäude den jeweils aktuellen Brandschutzvorschriften entsprechen. Nur so kann gewährleistet werden, dass sich im Brandfall die im Gebäude befindlichen Personen so gefahrlos wie möglich in Sicherheit bringen können. Das bedeutet aber auch, dass die Brandschutzvorkehrungen im Laufe der Zeit neuen Erkenntnissen des Brandschutzes anzupassen sind. Mehr oder weniger umfangreiche Sanierungsmaßnahmen sind dann erforderlich.

Bei dem hier betrachteten Schadenfall der HDI Versicherung geht es genau um eine solche Brandschutzsanierung einer Sporthalle, die zu einem Planungshaftpflichtschaden führte. Mithilfe einer Sanierung sollte die Sporthalle eines Schulzentrums in Süddeutschland brandschutztechnisch auf den neuesten Stand gebracht werden. Die Sporthalle: Ein rund 1700 Quadratmeter großer Hallenbereich mit angrenzender Tribüne und Geräteräumen.

Als Generalplaner wurde dazu durch die Gemeinde ein Ingenieurbüro beauftragt, das unter anderem Bestandsbewertungen im Hinblick auf Brandschutzsanierungen vornimmt und auf dieser Grundlage Brandschutzkonzepte erstellt. Dieses beauftragte eine weitere Ingenieurgesellschaft unter anderem mit der Erstellung der Ausschreibungsunterlagen einschließlich eines Leistungsverzeichnisses.

Natürliche RWA geplant

Zur Entrauchung und thermischen Entlastung im Brandfall sollte eine Rauch- und Wärmeabzugsanlage (RWA) errichtet werden, die die Halle mithilfe der Thermik der warmen Rauchgase entrauchen sollte. „Im Dach der Sporthalle wurden dazu RWA-Lichtkuppeln eingebaut, die sich bei Bedarf öffnen ließen. Um die Rauchgase frei entweichen zu lassen, wurden im unteren Bereich des Gebäudes entsprechende Zuluft-Öffnungen vorgesehen“, erklärt Florian Blohut, Leiter Planungshaftpflicht-Schaden der HDI Versicherung. Im Brandfall sollte hier Frischluft nachströmen können.

Nach der Fertigstellung der Sanierungsarbeiten und der Installation der RWA begutachtete der TÜV das Resultat. Dabei stellten die Prüfer jedoch erhebliche Mängel an der Entrauchungsanlage fest. So monierten diese unter anderem eine erhebliche Diskrepanz zwischen den ursprünglich im Brandschutzkonzept angegebenen und den tatsächlich realisierten Öffnungsflächen der Oberlichter. In Bezug auf den wirksamen Querschnitt der Öffnungsflächen ergab sich eine Differenz von rund einem Viertel konzipierten Wertes.

Prüfer stellen massive Mängel fest

Im Einzelnen stellten die Prüfer fest, dass die geometrische Oberfläche der verbauten Oberlichter deutlich kleiner war als im Konzept. Außerdem sahen Sie unter Berücksichtigung des Öffnungshubes der Oberlichter den Durchflussbeiwert als geringer an als der in der Planung angegebene. Und schließlich öffneten sich zwei Oberlichte entgegen der Haupt-Windrichtung. „Für Oberlichter, die sich entgegen der Haupt-Windrichtung öffnen, ist jedoch die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie den Wind in den zu entrauchenden Bereich leiten. Raucharme und verrauchte Luft können sich so vermischen“, erläutert Florian Blohut. Entsprechende Umbaumaßnahmen wurden erforderlich.

„Als Planungshaftpflicht-Versicherer der beiden Ingenieurbüros war daher die HDI Versicherung in der Pflicht“, ergänzt Blohut. Ein von der Versicherung beauftragter Sachverständiger ermittelte durch den Schaden entstandenen Kosten in Höhe von rund 30.000 Euro. In Anlehnung an Kamphausen* stellte der Sachverständige einen Verantwortungsanteil am Schaden von rund 60 Prozent für den Subunternehmer und 40 Prozent für den Generalplaner fest. Als Hauptursache erkannte er dabei fehlerhafte Ausschreibungsunterlagen, die durch die Planungsgesellschaft erstellt worden waren. Die zu klein ausgelegten Öffnungsflächen der Lichtkuppeln durch den Generalunternehmer wertete er als Sekundärursache.

Die HDI Versicherung hat diese Bewertung übernommen und den Schaden entsprechend reguliert. Die beiden Unternehmen übernahmen dabei ihre versicherungsvertraglich vereinbarten Eigenanteile.

*) Peter-Andreas Kamphausen: Die Quotierung der Mangel- und Schadensverantwortlichkeit Baubeteiligter durch technische Sachverständige, BauR 1996, 174-191

 

Mehr Artikel vom Autor

Aktuell zum Thema