Rechtsschutz und alternative Konfliktbeilegungen im Rahmen der Berufs-Haftpflichtversicherung
Im privaten wie auch im beruflichen Umfeld läuft leider nicht immer alles nach Plan. Im Bedarfsfall kann sogar juristischer Beistand z.B. über Rechtsanwälte oder Rechtsschutzversicherungen nötig werden. Eine Unterstützung im beruflichen Umfeld, die oft nicht bekannt bzw. unterschätzt wird, gibt es im Schadenfall aber auch von dem eigenen Haftpflichtversicherer.
Zweck einer Haftpflichtversicherung ist vor allem der Schutz des Versicherungsnehmers vor den wirtschaftlichen Folgen seiner Haftpflicht gegenüber Dritten. Zu der Leistungspflicht des Versicherers zählt jedoch - neben der Prüfung des Anspruches dem Grunde und der Höhe nach - auch die Abwehr unbegründeter Ansprüche. Die Abwehr von unberechtigten oder unbegründeten Ansprüchen, die gegen den Versicherungsnehmer erhoben werden, ist ein wesentliches Element in der Berufs-Haftpflichtversicherung. Diese Pflicht ist neben der Verpflichtung zur Zahlung von begründeten Schadenersatzansprüchen eine Hauptleistungspflicht des Versicherers[1]. Dem Versicherer wird damit die Möglichkeit eröffnet, in einem frühen Stadium im Interesse des Versicherungsnehmers tätig zu werden. Mit dieser aktiven Verpflichtung zur Abwehr bietet die Haftpflichtversicherung eine nicht zu unterschätzende „passive“ Rechtsschutzfunktion für den Versicherungsnehmer. Was bedeutet dies in der Praxis? Wird gegen den Versicherungsnehmer ein Anspruch erhoben, führt der Versicherer nicht nur den anfallenden Schriftwechsel, sondern holt bei Bedarf u.a. Gutachten ein, beauftragt einen Rechtsanwalt oder Sachverständigen oder führt sogar einen aktiven Prozess[2]. Der Versicherer ist bevollmächtigt, alle ihn zur Abwicklung des Schadens oder der Abwehr des Schadenersatzanspruches zweckmäßig erscheinenden Erklärungen im Namen des Versicherungsnehmers abzugeben. Kommt es in einem Versicherungsfall zu einem Rechtsstreit, ist der Versicherer bevollmächtigt, den Haftpflichtprozess – also der Frage, ob der der Versicherungsnehmer dem Dritten gegenüber haftpflichtig ist - auf seine Kosten (Rechtsanwalts,-Gutachter- und Gerichtskosten) im Namen des Versicherungsnehmers zu führen[3]. Dieses Rechtsschutzfunktion besteht auch dann, wenn die unbegründeten Haftpflichtansprüche die Versicherungssumme überschreiten. Soweit im Versicherungsvertrag vereinbart, ist der Versicherer sogar bei Schäden, deren Höhe die Selbstbeteiligung des Versicherungsvertrages nicht übersteigt, trotzdem zur Abwehr der unberechtigten Schadenersatzansprüche verpflichtet.
Die Aufwendungen des Versicherers für gerichtliche und außergerichtliche Kosten, werden auch nicht auf die vereinbarte Versicherungssumme angerechnet und stehen damit zusätzlich zur Verfügung. Hier gibt es jedoch Grenzen. Übersteigen die Haftpflichtansprüche die Versicherungssumme, so trägt der Versicherer die Prozesskosten jedoch nur im Verhältnis der vereinbarten Summe zur Gesamthöhe der Ansprüche.
Außergerichtliche Konfliktlösungen – Alternativen ?
Gerichtsverfahren sind aus unterschiedlichen Gründen oft sehr zeit –und kostenintensiv. Ein Bauvorhaben z.B. zieht sich unter Beteiligung vieler verschiedener Baubeteiligter von der Projektentwicklung bis zur Bauausführung durch verschiedene Phasen. Die damit verbundenen vielfältigen Risiken können Nährboden für entsprechend vielfältige Konfliktsituationen sein. Dementsprechend kann in bestimmten Konfliktsituationen eine schnelle Klärung durch eine neutrale dritte Partei eine mögliche Alternativlösung sein. In den letzten Jahren haben sich zahlreiche außergerichtliche Methoden zur Konfliktlösung etabliert. Frage ist jedoch, ob die außergerichtlichen Methoden tatsächlich immer eine Alternative darstellen, da sich nicht jede alternative Streitbeilegungsmethode für jeden Sachverhalt anbietet. Nachfolgend werden einige Verfahren dargestellt.
[1] Späte/Schimikoswski-Harsdorf-Gebhardt, Kommentar zu den AHB, Ziff 5 AHB, Rdnr. 14, 2.Auflage, 2015
[2] Späte/Schimikoswski-Harsdorf-Gebhardt, Kommentar zu den AHB, Ziff 5 AHB, Rdnr. 15, 2.Auflage, 2015
[3] Späte/Schimikoswski-Harsdorf-Gebhardt, Kommentar zu den AHB, Ziff 5 AHB, Rdnr. 38, 2.Auflage, 2015
Mediation: Bei der Mediation handelt es sich um ein freiwilliges Verfahren zur eigenverantwortlichen Beilegung eines Konfliktes mir Unterstützung eines Mediators. Der Vorteil gegenüber einem gerichtlichen Verfahren ist die kurze Verfahrensdauer und der übersichtliche Kostenfaktor. Da es sich hier jedoch um ein eigenverantwortliches Verfahren handelt ist Voraussetzung, dass eine Einigungsbereitschaft zwischen den Parteien besteht, da der Erfolg des Verfahrens insbesondere von den beteiligten Parteien abhängt.
Schlichtung: Bei der Schlichtung handelt es sich, ähnlich wie bei der Mediation, um eine gütliche Einigung unter Beteiligung eines neutralen Dritten. Der Schlichter erörtert die Sach- und Rechtslage und kann z.B. bei Baustreitigkeiten bei Bedarf einen Sachverständigen hinzuziehen. Im Gegensatz zum Mediator macht der Schlichter einen unverbindlichen Einigungsvorschlag. Auch für dieses Verfahren gilt, dass es nur erfolgsversprechend ist, wenn die Parteien grundsätzlich Gesprächs- und Einigungsbereit sind.
Schiedsverfahren: Hier erfolgt ähnlich einem gerichtlichen Verfahren eine Erörterung der Sach- und Rechtslage durch ein sachkundiges Schiedsgericht. Im Fall baurechtlicher Streitigkeiten resultiert hieraus somit eine bautechnische oder baubetriebliche Tatsachenfeststellung.
Adjudikation: Adjudikation ist ein Verfahren aus dem englischen Recht und klärt nur das Verhältnis zwischen zwei Parteien. Es ist ein auf den Baubereich fokussiertes Verfahren, bei dem von einer neutralen, fachkompetenten Person – dem Adjudikator – eine eigenständige Sachverhaltsermittlung durchgeführt wird.
Ziel
Grundlagen
Ergebnis
Mediation
- Freiwilliges, eigenverantwortliches Verfahren zur Konfliktbeilegung
- Im Vordergrund steht selbstbestimmte Problemlösung durch die Parteien, die durch einen Dritten gefördert wird. Rechtliche Beurteilung steht nicht im Vordergrund
- Mediator ist neutral und vermittelt nur
MediationsG
- Entscheidungsvorschlag obliegt den Konfliktbeteiligten. Abschlussvereinbarung in Form eines Vergleiches.
- Mediator macht keinen konkreten Lösungsvorschläge und trifft keine Entscheidung, sondern führt die Parteien zu einer selbstbestimmten Lösung
Schlichtung
- Gütliche Streitbeilegung unter Beteiligung eines neutralen Dritten, der nur eine Vermittlerrolle hat
- Erörterung der Sach- und Rechtslage
Basis ist eine Schlichtungsordnung bzw. Schlichtungsverfahrensregelung
- Schlichter macht unverbindlichen Einigungsvorschlag
Schiedsgericht
- Erörterung der Sach- und Rechtslage durch ein sachkundiges Schiedsgericht
- Verbindliche Feststellung und Bewertung von Fakten
Basis ist eine Verfahrensordnung
Verbindlicher Schiedsspruch, durch das Schiedsgericht, der wie ein gerichtliches Urteil wirkt.
Adjudikation
- Speziell für Bausachen konzipiert
- Adjudikator kann auch bei Konflikten während der Bauphase hinzugezogen werden.
- Adjudikator nimmt die Sachverhaltsermittlung eigenständig war
Basis ist eine Adjudikationsordnung
Adjudikator trifft innerhalb von 28 Tagen eine vorläufige verbindliche Entscheidung, die durch eine gerichtliche Entscheidung für vollstreckbar erklärt werden kann
Alternative Konfliktbeilegungen in der Berufs-Haftpflichtversicherung
Die Bedeutung und die Vorzüge alternativer Konfliktbeilegungen haben zunehmend auch die Versicherer erkannt. In den letzten Jahren sind immer mehr auch alternative Lösungen in die Versicherungsbedingungen aufgenommen worden. Während das Schiedsgerichtsverfahren mittlerweile schon fast standardmäßig enthalten ist, gibt es inzwischen auch Versicherer, die Schlichtung oder Mediation bedingungsgemäß anbieten. Voraussetzung für eine Beteiligung des Versicherers ist, dass Streitgegenstand Schadenersatzansprüche sind, die unter den Versicherungsschutz fallen. Da der Versicherer, wie oben dargestellt, im Versicherungsfall die Prozessführung- und Schadenregulierung übernimmt, ist in jedem Fall zu empfehlen, dass der Versicherungsnehmer vor Zustimmung eines alternativen Verfahrens wie Schlichtung oder Mediation Rücksprache mit seinem Versicherer hält bzw. sich mit diesem abstimmt. Meist findet sich bereits in den Versicherungsbedingungen ein Hinweis, dass die Kosten für die alternativen Verfahren nach Absprache übernommen werden.
Auf dieses Weise kann sichergestellt werden, dass der Versicherungsnehmer die Obliegenheiten aus dem Versicherungsvertrag erfüllt und der Versicherer seiner Abwehr- und Regulierungsaufgabe im Interesse des Versicherungsnehmers gerecht werden kann.
Fazit
Wie aus der vorangegangenen Darstellung ersichtlich wird, gibt es zahlreiche Möglichkeiten, um Rechtsschutz zu erlangen und Konflikte zu lösen. Welches Verfahren sich eignet kann nur individuell entschieden werden. Im Vorfeld eines Projektes kann aber z.B. bereits eine vertragliche Regelungen aufgenommen werden, wie man sich im Falle eines Konfliktes verständigen möchte. Im Konfliktfall stehen ansonsten verschiedene Lösungs- und Beratungsmöglichkeiten von unterschiedlichen Stellen zur Verfügung.
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Mona Rizkallah
Mona Rizkallah studierte Rechtswissenschaften in Osnabrück, Heidelberg und Bielefeld und seit 2009 in der HDI Versicherung AG im Produktmanagement Firmen und freie Berufe, Berufshaftpflicht-Versicherung Architekten und Ingenieure, tätig.