KRITIS-Schutz: „Die Politik muss die Rahmenbedingungen für schnellere behördliche Sicherheitsüberprüfungen verbessern“
Im Interview mit Security Insight erläutert Daniel von Grumbkow die aktuellen Herausforderungen, äußert sich zur Sicherheit für Kritische Infrastrukturen (KRITIS) und zieht eine erste Bilanz mit Blick auf seine Tätigkeit als Geschäftsführender Direktor.
Herr von Grumbkow, Was sind aktuell die zentralen Themen bei Kötter Security?
Operativ stehen der Wirtschaftsschutz und die Sicherheit für Kritische Infrastrukturen im Fokus, wobei letztere bei uns im Norden neben z. B. Energieversorgern speziell den Logistiksektor sowie Reedereien und Hafenbetreiber umfasst. Darüber hinaus kommt den Dienstleistungen für (Groß-)Baustellen ein sehr hoher Stellenwert zu. Immer mehr Verantwortliche hier, aber auch in anderen Sektoren wie etwa der Industrie wissen um den Wert integraler Lösungen aus Sicherheitsdiensten und -technik. Allerdings: Der massive Wettbewerbsdruck durch Dumpinganbieter macht Qualitätsdienstleistern das Leben schwer und schadet am Ende der Sicherheit insgesamt. Hier kann die Politik nachhaltig unterstützen: z. B. bei uns in Niedersachsen, wo der dortige, zwischen dem Arbeitgeberverband der Sicherheitswirtschaft (BDSW) und der Gewerkschaft ver.di geschlossene Tarifvertrag für das Sicherheitsgewerbe von der Landesregierung – im Gegensatz zu anderen Bundesländern – nicht für allgemeinverbindlich erklärt wurde. Das fördert Wettbewerb auf dem Rücken der Beschäftigten und geht zu Lasten tarifgebundener Player, da die Tariflöhne für Unternehmen ohne Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband nicht verbindlich sind.
Die Sicherheit für Kritische Infrastrukturen hat zuletzt auch die öffentliche Debatte erheblich geprägt. Was bewegt Sie konkret mit Blick auf den KRITIS-Schutz?
Gerade für KRITIS-Betreiber haben die Risiken durch Sabotage, Spionage,
Cyberattacken etc., auch als Folge des Angriffskrieges auf die Ukraine, massiv zugenommen. Forciert hierdurch, aber auch als generelle Tendenz nehmen die Kundenvorgaben stetig zu – und damit die Anforderungen an die Rekrutierung der geeigneten Sicherheitsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter. Diese müssen neben den erforderlichen Qualifikationen gemäß gesetzlicher Vorgabe eine lückenlose Sicherheitsüberprüfung im personellen Geheim- und Sabotageschutz nachweisen. Erfahrungen aus der Branche zeigen, dass der damit verbundene behördliche Prozess – je nach Lebenslauf des Kandidaten und der Häufigkeit seiner bisherigen Wohnortwechsel – bis zu über einem Jahr dauern kann. Bis dahin darf der potenzielle Mitarbeiter nicht eingesetzt werden - eine kaum tragbare Situation. Ein wesentlicher Grund liegt in der notwendigen Einbindung verschiedenster Sicherheitsbehörden, die nicht immer über die für eine schnelle behördliche Überprüfungen erforderlichen Kapazitäten verfügen. Mein dringender Appell an die Politik ist, hier rasch für verbesserte Rahmenbedingungen zu sorgen.
Wie die Wirtschaft insgesamt leidet auch die Sicherheitsbranche generell unter dem Arbeits- und Fachkräftemangel. Ihre Antwort darauf?
Es braucht ein Maßnahmenbündel. Im Fokus steht das auf die jeweiligen Märkte zugeschnittene Recruiting plus ergänzende Qualifizierungsangebote. Beides gewährleisten wir durch unsere regionalen Rekrutierungscenter, die vor Ort eng mit der eigenen Akademie kooperieren. Genauso wichtig ist die Mitarbeiterbindung. Diese ist kein Selbstläufer, sondern erfordert u. a. faire tarifliche und übertarifliche Entlohnung genauso wie wertschätzende Mitarbeiterführung und moderne Strukturen. Dazu investieren wir im Norden z. B. in dezentrale Führung mit regionalen Teamleitern, um noch näher bei Kunden und Mitarbeitern zu sein. Last, but not least betrifft dies moderne Tätigkeitsformen wie hybrides Arbeiten für Führungskräfte oder Mitarbeiter im Backoffice bzw. moderner Dienstplangestaltung, um individuelle Einsatzwünsche der gewerblichen Beschäftigten zu berücksichtigen. Aber auch die Kunden sind gefragt: Sie sollten die Personalanforderungen eindeutig definieren – und diese müssen natürlich auch entsprechend entlohnt werden.
Top-Personal braucht es vor allem auch in der Führung. Ihr Vorgänger Bernd Jürgens war rd. vier Jahrzehnte in der Branche tätig, davon mehr als 25 Jahre an der Spitze Ihres Unternehmens. Wie fühlt es sich an, in solch große Fußstapfen zu treten?
Gut und motivierend! Ich kenne Bernd Jürgens seit rund 30 Jahren und er gilt völlig zu Recht als absolute Größe der Branche. Wir haben schon vor meinem Einstieg bei
KÖTTER Security an verschiedenen Stellen vertrauensvoll zusammengearbeitet. Wichtiger Erfolgsfaktor war dabei immer, dass wir trotz unterschiedlicher Werdegänge beide das Sicherheitsgeschäft von der Pike auf gelernt haben. Daher erfüllt es mich mit Stolz, dass ich fast zehn Jahre lang als Prokurist an seiner Seite die Positionierung unseres Hauses im Norden mit vorantreiben durfte. Ich werde diese unternehmerische Entwicklung zusammen mit meinem Team weiter fortsetzen. Gleichzeitig freue ich mich, dass Bernd Jürgens als Mitglied des Sicherheitsbeirates weiter die Interessen unseres Hauses und der gesamten Branche vertritt.
Was sind die entscheidenden Faktoren für einen reibungslosen Übergang?
Kontinuität auf der Führungsebene ist der zentrale Erfolgsfaktor. Der Wechsel von Bernd Jürgens zu mir war mit entscheidender Unterstützung unserer Gesellschafter langfristig geplant und hat durch die bereits angeführte, knapp zehnjährige gemeinsame Unternehmensführung reibungslos funktioniert. Für unsere Kunden und Mitarbeiter war es daher sprichwörtlich ein „smarter Übergang“. Das gibt mir auch heute wichtigen Rückenwind für meine Arbeit. Für das damit verbundene Vertrauen bin ich neben Bernd Jürgens speziell unserem Verwaltungsrat Friedrich P. Kötter sehr dankbar!