Reale Gefahr durch lithiumhaltige Energieträger
Li-Akkus haben so großartige Eigenschaften, dass sie aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken sind. Von ihnen geht jedoch eine überdurchschnittlich hohe und intensive Brandgefahr aus
Praktisches Fachwissen rund um den Umgang mit lithiumhaltige EnergieträgerFoto: Dimitri K / Pixabay
Li-Akkus haben so großartige Eigenschaften, dass sie aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken sind. Von ihnen geht jedoch eine überdurchschnittlich hohe und intensive Brandgefahr aus – und die gilt es, konstruktiv in den Griff zu bekommen.
In der Wochenendausgabe einer großen Münchner Tageszeitung vom 11./12. März 2023 stand, dass die norwegische Reederei Havila zukünftig lediglich benzin- und dieselbetriebene Kraftfahrzeuge transportiert und keine mit Li-Akku-Antrieb. Warum das geschieht, ist jedem mit kritischem Verstand klar. Wenn man bedenkt, dass bei gleichem Volumen in einer Li-Batterie vielleicht die 30-fache Energie gespeichert ist als in einer konventionellen Zink-Kohle-Batterie, erkennt man die veränderte Brand-Gefahrenlage. Ein Smartphone, betrieben mit einem konventionellen Akku, würde vielleicht 25 min. funktionsfähig sein und nicht 30 Stunden und länger! Es geht eine reale Gefahr von den lithiumhaltigen Energieträgern mit Gleichstrom aus. Die sind nämlich, im Gegensatz zu den konventionellen Speichern für elektrische Energie, sehr empfindlich und zwar in fünf Richtungen: 1. hohe Temperaturen, 2. niedrige Temperaturen, 3. harte Schläge, 4. Knicken und 5. ist das Laden ein brandkritischer Vorgang.
Elektrisch hoch leistungsfähige Energieträger
Li-Energiespeicher sind großartig, egal ob Knopfzellen für kleine Elektronikgeräte, Minibatterien für 10-Jahres-Rauchmelder, kleine Akkus für einen Tag Smartphone-Benutzung, 4-kg-Akkus für 100 km eBike-Fahren oder über 500 km mit dem eAuto. Jeder von uns betreibt diese auch im Laptop, im Akku-Bohrer und in vielen anderen Geräten. Also zurück zu Zink und Kohle ist nicht erwünscht, nicht realistisch und auch für Ingenieure unwürdig. Brandgefahrreduzierende Lösungen sind gefragt und zwar konstruktive und nicht destruktive: weiterbringen und nicht verbieten!
Unternehmen haben jedoch brandschutztechnische und juristische Probleme mit eBikes der Belegschaft in Garagen oder Räumen, denn das Abstellen im Freien ist oftmals aus Diebstahlgründen unerwünscht. Das Abstellen in Garagen indes ist ein Verstoß gegen die Landes-Garagenbauordnung – die sagt nämlich, dass in Garagen ausschließlich Autos und eAutos, aber nicht eBikes stehen dürfen. Man darf auch lediglich eAutos und nicht eRäder in Garagen laden und Pedelecs sind wohl wieder erlaubt – was man als „normaler“ Bürger eher nicht nachvollziehen kann! Brennt der Rad-Akku in der Garage, sind juristische Probleme vorprogrammiert – brennt er aber im Gebäude oder am Arbeitsplatz, ist es deutlich gefährlicher für Menschen und noch fataler für das Unternehmen sowie für die diesen Akku besitzenden Person, denn jetzt sind Menschenleben und Arbeitsplätze gefährdet und man haftet ggf. mit dem privaten Vermögen für Schäden im Unternehmen durch den Akkubrand, so es keine private Haftpflichtversicherung gibt. Ein Laden des Akkus beim Arbeitgeber erscheint aber auch unnötig, da die Akkus ca. 100 km Distanz schaffen und somit ein laden nach „halber“ Fahrstrecke natürlich unnötig wird. Also, ein mitnehmen zum Arbeitsplatz ist bedenklich, will man a) keinen Brandschaden und b) juristische Auseinandersetzungen mit dem Feuerversicherer oder dem Arbeitgeber vermeiden.
Lösungsansätze
Wie können die heute schon umsetzbaren Lösungen denn aussehen im möglichst sicheren Umgang mit Li-Energiespeichern? Wir geben Ihnen 17 konkrete Punkte an die Hand:
- Unterscheiden Sie streng zwischen firmeneigene und dort eben benötigte Akkus und die der Belegschaft – da gibt es zwar keine brandschutztechnische, aber eine juristische Unterscheidung. Soll heißen, die einen sind o. k., die anderen sind zu verbannen.
- Alle akkubetriebenen Geräte gehören dem Unternehmen, sind erfasst, geprüft und der Umgang (Lagern, Laden, Handling) ist exakt geregelt.
- Alle Akkus (Akkus, nicht lediglich die Geräte!) im Unternehmen erfassen und möglichst brandsicher lagern und dies in einem Raum mit eher geringen Werten und geringer Bedeutung; das gilt für benötigte/angeschlossene Akkus, für Reserve-Akkus sowie neue und verbrauchte.
- Die Akkus möglichst nicht zu hohen (Sonnenstrahlen) oder zu niedrigen Temperaturen oder harten Schlägen aussetzen (also gut verpacken, dann ist ein herunterfallen nicht gefährlich).
- Beim Laden von Autos – so möglich – eher langsam laden und fest installierte Anlagen verwenden; möglichst keine konventionellen Stromleitungen verwenden und einen befähigten Elektriker die gesamte Anlage kontrollieren (ggf. erneuern) lassen. Die Ladestrombegrenzung bei 16 Ampere um 3 auf 13 Ampere bei Ladezeiten über 1 Stunde begrenzen. Und, ganz wichtig, die Leitungen möglichst pfleglich behandeln.
- Vor jedem Ladevorgang (insbesondere bei den eAutos!) eigenverantwortlich darauf achten, dass die Leitungen nicht geknickt oder gequetscht sowie der Trafo nicht beschädigt sind (d. h. visuelle Inaugenscheinnahme, bis hin zur Steckdose).
- Meiden Sie Geräte mit Li-Akkus, wo auch immer es geht. Man kann auch konventionell und damit deutlich umweltfreundlicher staubsaugen als mit einem schnurlosen Sauger! Also, allein der Umstieg von kabelgebundenen Elektrogeräten auf Akkugeräte ist kein Fortschritt, sondern eine unnötige und vermeidbare Brandgefahr.
- Die großen Geräte wie z. B. eAutos, Li-Flurförderzeuge oder eBike-Akkus in eigenen Räumen oder eigens dafür vorgesehenen Schränken laden und lagern und diese Räume/Schränke sind feuerbeständig abgetrennt, separat belüftet, mit Rauchmeldern versehen und Brände innerhalb können sich auch nicht vertikal ausbreiten. Es gibt feuerresistente Schränke für die Lagerung, aber auch solche zum Laden.
- Es steht ein geeignetes Löschmittel in ausreichender Menge zur Verfügung und da gibt es (Stand: März 2023) vier unterschiedliche Lösungen: F 500, PyroBubbels, Heißschaum und Gel.
- Verbrauchte Akkus sind nicht leer, sondern entleert und sie enthalten noch tödlich viel Energie; es kann also in den Sammelboxen, meist durch Kurzschlüsse, zu Bränden kommen. Also klebt man immer beide Pole mit Klebestreifen ab; die Aufnahmebehälter sind speziell für Li-Akkus geeignet; die Abstellbereiche dieser Sammelbehälter für Alt-Akkus sind in einem „sicheren“ und eher wertlosen Raum zu platzieren – nicht in der Produktion, nicht im Fluchtweg, nicht im Lager.
- Man informiert die eigene Feuerversicherung über die Anwesenheit und Verwendung von Li-Akkus/-Geräte und fragt, was für weitere, sinnvolle Brandschutz-Tipps es gibt.
- Die Betriebsanweisung des jeweiligen Geräts wird natürlich gut gelesen und alle dort enthaltenen Sicherheitsvorschläge werden als verbindlich angesehen und umgesetzt.
- Ladevorgänge sind besonders kritische Momente und deshalb findet das Laden in sicheren Bereichen und, so möglich, beobachtet und tagsüber statt .
- Im gefährdeten Bereich um das Gerät (egal ob Rad, Auto oder Smartphone) keine Brandlasten bereit halten, auch nicht oberhalb.
- Es werden ausschließlich die richtigen Original-Ladegeräte verwendet, denn die können mit den Akkus kommunizieren und den Ladestrom individuell regeln, um ein Überladen vermeiden; sie erkennen auch Probleme des Energiespeichers und schalten sich dann ab.
- Die Ladevorgänge von Flurförderzeugen sind in eigenen und feuerbeständig abgetrennten Räumen und nicht, wie es die VdS 2259 empfiehlt, lediglich im Lager mit 2,5 m brandlastfrei.
- Es gibt eigene, brandsichere Ladeschränke für die Akkus von eBikes und zwar sog. passive (also reines Lagern) und nicht solche, die auch ein Laden ermöglichen – es sei denn, es gibt firmeneigene eBikes oder Pedelecs im Unternehmen: dann sind die sog. aktiven Ladeschränke in ausreichender Größe (bitte Zuwachs erwarten!) anzuschaffen.
In wenigen Jahren wird dieses hier veröffentliche Fachwissen veraltet sein. Heute jedoch würden wir viele 100 Mio. € an jährlich vorkommenden Schäden vermeiden, wenn das hier enthaltene in den Unternehmen umgesetzt wird. Tun Sie es – bevor es zu einem Brand kommt, das Unternehmen in eine wirtschaftliche Schieflage gerät und die Versicherungen die Zahlungen verweigern. Setzen Sie Brandschutz um, noch bevor es zu einem Brand kommt und nicht erst, um einen zweiten Brand einzudämmen. Proaktiv sein und dies nicht aus unterwürfigem und vorauseilendem Gehorsam; sondern aus Überzeugung!
Mehr Artikel vom Autor
Dr. Wolfang J. Friedl
Dr. Wolfgang J. Friedl seit 1986 im In- und Ausland primär tätig als Sicherheits- und Schadensingenieur, als Brandschutz-Konzeptersteller für Gebäude und Gutachter. Referent und Schulungsleiter bei Seminaren und Sicherheitskongressen der Industrie sowie bei bekannten Ausbildungs-Akademien.