Auf dem Weg zu einem Sicherheitsdienstleistungsgesetz (SDLG)

Der BDSW hat in einem Positionspapier 2017, das jetzt aktualisiert wurde, die Bedeutung dieser Gesetzgebung für die Sicherheitswirtschaft und für die private wie für die öffentliche Sicherheit bekräftigt

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24.10.2019

Von Jens Müller, COO Securitas Deutschland, Vizepräsident BDSW

Im Koalitionsvertrag 2018 wurde die Absicht bekundet, „durch die Neuordnung der Regelungen für das private Sicherheitsgewerbe in einem eigenständigen Gesetz“ die „Sicherheitsstandards in diesem Gewerbezweig“ zu „verbessern und so für noch mehr Sicherheit und Verlässlichkeit“ zu sorgen. Fortschritte in der Erarbeitung eines ministeriellen Gesetzentwurfs sind seither nicht bekannt geworden. Allerdings haben die Parlamentarischen Staatssekretäre im BMI, Günter Krings und Stephan Mayer, öffentlich erklärt, dass der Bundesinnenminister bereit sei, die Betreuung und Kontrolle des SG in seinen Geschäftsbereich zu übernehmen. Formal bedarf es dazu einer Entscheidung des Bundeskabinetts, die noch aussteht, da wohl zunächst entschieden werden muss, ob auch die Zuständigkeit für das sog. Bewacherregister dem BMI übertragen wird. Der für die Gesetzeserarbeitung im BMI zuständige Abteilungsleiter, MinDir Stefan Kaller, hat bei der Jahresmitgliederversammlung des BDSW am 16. Mai es als Ziel bezeichnet, den Gesetzesentwurf in dieser Legislaturperiode mindestens in das parlamentarische Verfahren zu übermitteln. Der BDSW hat in einem Positionspapier 2017, das jetzt aktualisiert wurde, die Bedeutung dieser Gesetzgebung für die Sicherheitswirtschaft und für die private wie für die öffentliche Sicherheit bekräftigt. Das Positionspapier enthält Vorschläge und Forderungen. Jede dieser Forderungen dient dem Ziel der Verstärkung der Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit des SG und der Erhöhung der Sicherheitsstandards. Und keine verstößt gegen verfassungsmäßige Grundsätze. Das Positionspapier hebt besondere Einsatzbereiche für Sicherheitsdienstleister (SDL) hervor, die von der Bedeutung der Schutzgüter für die Allgemeinheit und die öffentliche Sicherheit, von der Aufgabenstellung für SDL und der Notwendigkeit der Zusammenarbeit mit der Polizei und kommunalen Behörden aus dem Gesamtspektrum der über hundert Tätigkeiten im SG herausragen und daher nach Überzeugung des BDSW besonderen Rahmenbedingungen unterliegen müssen: Das sind der Schutz kritischer Infrastrukturen, der ÖPV, der Schutz von Flüchtlingsunterkünften, die Sicherung von Veranstaltungen mit besonderem Gefährdungspotenzial, Sicherheitsdienstleistungen für kommunale Sicherheit und Ordnung, auf Seeschiffen und für Geld- und Wertdienste (nachfolgend zusammenfassend als KRITIS-Bereiche bezeichnet). Mehrere Forderungen hinsichtlich der Qualifikation und Schulung der einzusetzenden Kräfte und der Qualitätsstandards beziehen sich auf diese Funktionsbereiche. Insgesamt seien die wichtigsten Vorschläge des BDSW zur Erreichung der im KV vorgegebenen Ziele nachfolgend benannt und kurz begründet: 1. Wir müssen endlich die veraltete Bezeichnung „Bewachungsgewerbe“ mit allen ihren Begriffsderivaten abstreifen und darauf hinwirken, dass sie in allen Rechtsvorschriften, technischen Normen, Unternehmenspublikationen und Medienberichten durch den der Realität entsprechenden Begriff des Sicherheitsdienstleistungsgewerbes abgelöst wird. 2. Die Vielfalt der Zuverlässigkeitsüberprüfungen führt in Verbindung mit der Überlastung der Prüfungsbehörden zu bürokratisch langwierigen Verfahren, langen Wartezeiten ohne Einsatzmöglichkeit und Sicherheitslücken. Wenn eine mindestens gleichwertige Zuverlässigkeitsüberprüfung schon nach einem anderen Gesetz erfolgt ist, darf sie innerhalb der fünfjährigen Gültigkeitsfrist nicht nochmals verlangt werden. 3. Die Anforderungen an die Gründung und Führung eines SDL-Unternehmens müssen im Hinblick auf Qualifikation, betriebliche Ausrüstung und Haftpflichtversicherung so ausgestaltet werden, dass „schwarze Schafe“ unter den Geschäftsleuten, deren Ziel nicht die nachhaltige Unternehmensführung als pflichtbewusste Arbeitgeber bildet, sondern die bloße Möglichkeit, „schnelles Geld“ zu generieren, möglichst ausgeschlossen werden. 4. Für KRITIS-Bereiche müssen verbindliche Anforderungen an Qualifikation, Schulung und Weiterbildung der Sicherheitsmitarbeiter (SMA) festgelegt werden, die den besonderen Anforderungen entsprechen und die konstruktive Zusammenarbeit mit der Polizei ermöglichen. 5. Die Inhalte der bisher allein von den IHKs durchzuführenden Unterrichtung sind in dem neuen Gesetz und seiner DVO an die gestiegenen Anforderungen der Sicherheitstechnik und der Digitalisierung anzupassen und insbesondere in den Tätigkeitsbereichen Veranstaltungsschutz und Stadionsicherheit zu spezifizieren. Das Unterrichtungsmonopol der IHKs ist im Hinblick auf das Leistungsvermögen der vom BDSW zertifizierten Akademien nicht mehr einleuchtend. 6. Um einen der besonderen Schutzbedürftigkeit der KRITIS-Bereiche entsprechenden Sicherheitsstandard zu gewährleisten, muss die Auftragsvergabe bei Ausschreibungen öffentlicher Stellen an eine Gewichtung der Qualitätskriterien bei der Preisgestaltung von mindestens 60 % gebunden werden. 7. Um in den KRITIS-Bereichen den erforderlichen hohen Qualitätsstandard zu gewährleisten, muss gesetzlich festgeschrieben werden, dass vom Betreiber/Veranstalter eingesetztes unternehmenseigenes Personal dieselben Voraussetzungen der Zuverlässigkeit, Qualifikation und Schulung erfüllen muss wie SMA eines SDL. Nur so werden auch Wettbewerbsverzerrungen vermieden. Ebenso muss beim Einsatz eines Nachunternehmens in KRITIS-Bereichen dieser gegenüber dem Hauptunternehmer die Erfüllung derselben gewerberechtlichen Anforderungen nachweisen. 8. Es muss ausgeschlossen werden, dass der Schutz von KRITIS-Objekten infolge von Streiks nicht gewährleistet werden kann. Deshalb sind für diese Funktionsbereiche ein obligatorisches Schlichtungsverfahren, eine ausreichende Streikankündigungsfrist und die Verpflichtung zum Abschluss einer Notdienstvereinbarung gesetzlich festzuschreiben. 9. SDL können kommunale Ordnungsdienste durch Bestreifung kriminalitätsbelasteter öffentlicher Räume oder Überwachung des ruhenden Verkehrs wesentlich entlasten, zu mehr urbaner Sicherheit und einer Erhöhung des Sicherheitsgefühls von Bewohnern und Passanten beitragen. Der zuständige Landesgesetzgeber muss durch das neue Gesetz in die Lage versetzt werden, für solche Funktionen die Einsatzkräfte durch „niedrigschwellige“ hoheitliche Befugnisse der Personalienfeststellung, der Feststellung von Verstößen gegen Park- und Haltevorschriften und der gebührenpflichtigen Verwarnung zu beleihen. 10. Als wesentlicher Teil der Architektur der Inneren Sicherheit gehört das SG in den Geschäftsbereich der Innenminister, wie dies in fast allen EU-Staaten geregelt ist. Das dient auch einer vertrauensvollen Zusammenarbeit mit den Polizeien und den kommunalen Ordnungsämtern.

 

 

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Über den Autor: Redaktion Prosecurity

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