Netzwerk für mehr Unternehmenssicherheit
Britta Brisch ist seit April 2023 neue Geschäftsführerin der Allianz für Sicherheit in der Wirtschaft West e.V. (ASW West). Nach dem erfolgreichen Aufbau der Clearingstelle Mittelstand des Landes NRW leitete die gelernte Rechtsanwältin zuletzt den Bereich Politics & Public Affairs in der Geschäftsleitung der IHK zu Köln. Im Interview mit SecurityInsight spricht Britta Brisch über veränderte Sicherheitsherausforderungen, die Aufstellung von Unternehmen und Organisationen und die Zielsetzungen der ASW West.
Frau Brisch, was reizt Sie an Ihrer Aufgabe bei der ASW West?
Das Thema Sicherheit hat gerade in den letzten Wochen und Monaten noch einmal erheblich an Bedeutung gewonnen. Sei es für Unternehmen, Behörden oder die Bürger. Ich befasse mich mit seit Anbeginn meines Berufslebens mit dem Thema Sicherheit – das Thema zieht sich wie ein roter Faden durch meine berufliche Laufbahn. Daher freue ich mich, als Geschäftsführerin der ASW West das Thema Sicherheit in seiner ganzen Bandbreite zu bearbeiten und allen Mitgliedern und Interessierten das Netzwerk zugänglich zu machen und bei der Lösung ihrer Fragestellungen zum Thema Sicherheit zu helfen. Die ASW West steht für das Thema Sicherheit und speziell Wirtschaftsschutz in ihren verschiedensten Facetten: Unabhängig von der Größe eines Unternehmens, unabhängig von der Branche, es ist ein Netzwerk zwischen Anbietern von Sicherheitslösungen, von Cybersicherheit, physischer Sicherheit bis Personenschutz und Konzernen mit Sicherheitsanforderungen inklusive einer Schnittstelle zu Behörden auf allen Ebenen. Mithin ist es wichtig, die verschiedenen „Player“ dieses weiten Spektrums auf der Netzwerkplattform der ASW West zusammenzubringen.
Der NRW-Sicherheitstag war der erste unter Ihrer Leitung. Was waren für Sie die spannendsten Erkenntnisse?
Der NRW Sicherheitstag stand unter der Überschrift „Deutsche Wirtschaft in der Zeitenwende: Neue Intelligenz – Neue Herausforderungen“. Das Spektrum der Beiträge reichte von der Logistik - wenn US-Streitkräfte im Falle einer Sicherheitskrise in Europa zur Unterstützung kommen - über globale Spannungsfelder und deren Auswirkungen für die deutsche Wirtschaft und Herausforderungen für Unternehmen bei KI-basierten Attacken und FakeID bis zum Einsatz von KI in der Verteidigung. Es ist offenkundig geworden, dass die Globalisierung nun das Thema Sicherheit vollständig vereinnahmt hat und dazu das schier grenzenlose Potential von KI gerade erst im Anfangsstadium ihrer Entwicklung steht, Unternehmen, Behörden und die Gesellschaft insgesamt sich ernsthaft und resilient mit ihrem Sicherheitsbedarf strategisch und nicht nur zufällig auseinandersetzen müssen. Die Intensität der Netzwerkgespräche anlässlich des NRW Sicherheitstages zeigt, dass hier erheblicher Bedarf an einer Diskussionsplattform und direktem und persönlichem Austausch besteht.
Wo sehen Sie in den kommenden Jahren die wichtigsten Herausforderungen für die Sicherheit von Unternehmen und Organisationen?
Die Palette der Herausforderungen ist vielfältig. Zwei Aspekte erscheinen vordringlich: Fachkräftemangel und Cybersicherheit. Es gibt einen erheblichen Fachkräftemangel in der IT- und Informationssicherheitsbranche. Das bedeutet, dass IT- und Sicherheitsunternehmen für die Erledigung der Aufträge nicht genügend Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen haben. Unternehmen mit Sicherheitsanforderungen laufen Gefahr, intern keine eigenen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aufbauen oder sich extern in erforderlichem Maß Unterstützung einkaufen zu können.
Cyberangriffe haben zuletzt in Deutschland zu einem wirtschaftlichen Schaden von über 220 Milliarden Euro geführt. Man muss sich de facto fragen, wie hoch der Schaden denn noch werden soll, bis endlich alle Unternehmen und auch öffentliche Einrichtungen wie Krankenhäuser aufwachen, damit alle erdenklichen Maßnahmen ergriffen werden, um sich technisch und personell auf die immer größer werdende Bedrohungslage einzustellen. Diese Problematik geht einher mit einer immer noch mitunter zögerlichen Investitionsbereitschaft in das Thema Sicherheit in ihren Facetten.
Wie gut sind die Unternehmen in NRW dafür aufgestellt?
Betrachtet man die Ergebnisse des aktuellen „Lagebilds Wirtschaftsschutz 2020/2021“, das Innenminister Reul im Herbst 2022 herausgegeben hat und an dem die ASW West als Partner der „Sicherheitspartnerschaft Nordrhein-Westfalen gegen Wirtschaftsspionage und Wirtschaftskriminalität" aktiv mitgewirkt hat und das eine Befragung von über eintausend Unternehmen in NRW auswertet, ist der Gesamtindex für das Schutzniveau in den Jahren von 2020 bis 2021 gesunken. Der Schutzstatus ist damit über Branchen und Größen vor allem bei klein- und mittelständischen Unternehmen als eher gering zu bezeichnen. Das ist in hohem Maße besorgniserregend und zeigt, dass noch größere Kraftanstrengungen unternommen werden müssen, Unternehmen für das Thema Sicherheit insgesamt, aber vor allem auch im Hinblick auf die Gefahren von Cyberangriffen zu sensibilisieren, damit die unternehmenseigenen Kompetenzen und technischen Infrastrukturen aufgebaut werden.
Wie will die ASW West seinen Mitgliedern dabei helfen, sich für die Sicherheitsherausforderungen gut aufzustellen?
Die ASW West versteht sich als Plattform, auf der ihren Mitgliedern ein Netzwerk zum Gesamtthema Sicherheit zur Verfügung gestellt wird. Das Netzwerk steht jedem Unternehmen unabhängig von seiner Größe und dem Industriezweig sowie Behörden und auch wissenschaftlichen Einrichtungen offen. Miteinander kann man vorbehaltlos ins Gespräch kommen, Erfahrungen und Lösungen austauschen, spezielle fachliche Themen vertieft bearbeiten, neue Themen rund um Sicherheit frühestmöglich erfahren. Dazu bieten wir verschiedene Formate an und unterstützen die Mitglieder bei ihren Initiativen und Themen.
Was sind die wichtigsten Zielsetzungen der ASW West für die kommenden Jahre?
Die wichtigsten Ziele im Bereich Wirtschaftsschutz sind: Intensivierung und Ausweitung des Netzwerkgedankens der ASW West etwa durch den NRW-Sicherheitstag und weitere Netzwerkveranstaltungen, Förderung von Fachgruppen unter den Mitgliedern zu spezifischen Sicherheitshemen, Präsentation hochaktueller Themen durch externe Experten, Veröffentlichungen von Publikationen und Handlungsempfehlungen, Verfassung von Stellungnahmen zu Rechtssetzungsvorhaben und Sensibilisierung sowie Schulungen von Seiten unserer Akademie.