Rechtsschutz und alternative Konfliktbeilegungen im Rahmen der Berufs-Haftpflichtversicherung

Im Vorfeld eines Projektes kann aber z.B. bereits eine vertragliche Regelung aufgenommen werden, wie man sich im Falle eines Konfliktes verständigen möchte

Lesezeit: 6 Min.

13.04.2021

Im privaten wie auch im beruflichen Umfeld läuft leider nicht immer alles nach Plan. Im Bedarfsfall kann sogar juristischer Beistand z.B. über Rechtsanwälte oder Rechtsschutzversicherungen nötig werden. Eine Unterstützung im beruflichen Umfeld, die oft nicht bekannt bzw. unter­schätzt wird, gibt es im Schadenfall aber auch von dem eigenen Haftpflichtversicherer.

Zweck einer Haftpflichtversicherung ist vor allem der Schutz des Versicherungsnehmers vor den wirtschaftlichen Fol­gen seiner Haftpflicht gegenüber Dritten. Zu der Leistungspflicht des Versicherers zählt jedoch – neben der Prüfung des An­spruches dem Grunde und der Höhe nach – auch die Abwehr unbegründeter Ansprüche. Die Abwehr von un­berechtigten oder unbegründeten Ansprüchen, die gegen den Versicherungsnehmer erhoben werden, ist ein wesent­liches Element in der Berufs-Haftpflichtversicherung. Diese Pflicht ist neben der Verpflichtung zur Zahlung von begrün­deten Schadenersatzansprüchen eine Hauptleistungspflicht des Versicherers[1]. Dem Versicherer wird damit die Möglich­keit eröffnet, in einem frü­hen Stadium im Interesse des Versicherungsneh­mers tätig zu werden. Mit dieser aktiven Verpflich­tung zur Abwehr bietet die Haftpflichtversicherung eine nicht zu unterschätzende „passive“ Rechts­schutzfunk­tion für den Versicherungsnehmer. Was bedeutet dies in der Praxis? Wird gegen den Ver­sicherungsnehmer ein An­spruch erhoben, führt der Versicherer nicht nur den anfallenden Schriftwech­sel, sondern holt bei Bedarf u.a. Gutachten ein, beauftragt einen Rechtsanwalt oder Sachverstän­digen oder führt sogar einen aktiven Prozess[2]. Der Versicherer ist bevollmächtigt, alle ihn zur Ab­wicklung des Schadens oder der Abwehr des Scha­denersatzanspruches zweckmäßig er­scheinenden Erklärungen im Namen des Versicherungsnehmers abzugeben. Kommt es in einem Versicherungsfall zu einem Rechtsstreit, ist der Versicherer bevoll­mächtigt, den Haftpflichtprozess – also der Frage, ob der der Versiche­rungsnehmer dem Dritten gegenüber haft­pflichtig ist – auf seine  Kosten (Rechtsanwalts,-Gutachter- und Gerichtskosten) im Namen des Versicherungsnehmers zu führen[3]. Dieses Rechtsschutzfunktion besteht auch dann, wenn die unbegründeten Haftpflichtansprüche die Versicherungssumme überschreiten. Soweit im Versicherungsver­trag vereinbart, ist der Versicherer sogar bei Schäden, deren Höhe die Selbstbetei­ligung des Versicherungsvertrages nicht übersteigt, trotzdem zur Abwehr der unberechtigten Scha­denersatzansprüche verpflichtet.

Die Aufwendungen des Versicherers für gerichtliche und außergerichtliche Kosten, werden auch nicht auf die verein­barte Versicherungssumme angerechnet und stehen damit zusätzlich zur Ver­fügung. Hier gibt es jedoch Grenzen. Über­steigen die Haftpflichtansprüche die Versicherungssumme, so trägt der Versicherer die Prozesskosten jedoch nur im Verhältnis der vereinbarten Summe zur Gesamthöhe der Ansprüche.

Außergerichtliche Konfliktlösungen – Alter­nativen ?

Gerichtsverfahren sind aus unterschiedlichen Gründen oft sehr zeit –und kostenintensiv. Ein Bauvorhaben z.B. zieht sich unter Beteiligung vieler verschiedener Baubeteilig­ter von der Projektentwicklung bis zur Bauausfüh­rung durch ver­schiedene Phasen. Die damit ver­bundenen vielfältigen Risiken können Nährboden für entsprechend vielfältige Konflikt­situationen sein. Dementsprechend kann in bestimmten Konfliktsituationen eine schnelle Klärung durch eine neutrale dritte Partei eine mögliche Alternativlösung sein. In den letzten Jahren haben sich zahlreiche außergerichtliche Methoden zur Konfliktlösung etabliert. Frage ist jedoch,  ob die außergerichtlichen Methoden tatsächlich immer eine Alternative darstellen, da sich nicht jede alter­native Streit­beilegungsmethode für jeden Sachverhalt anbietet. Nachfolgend werden einige Verfahren darge­stellt.

[1] Späte/Schimikoswski-Harsdorf-Gebhardt, Kommentar zu den AHB,  Ziff 5 AHB, Rdnr. 14, 2.Auflage, 2015

[2] Späte/Schimikoswski-Harsdorf-Gebhardt, Kommentar zu den AHB,  Ziff 5 AHB, Rdnr. 15, 2.Auflage, 2015

[3] Späte/Schimikoswski-Harsdorf-Gebhardt, Kommentar zu den AHB,  Ziff 5 AHB, Rdnr. 38, 2.Auflage, 2015

Mediation: Bei der Mediation handelt es sich um ein freiwilliges Verfahren zur eigenverantwortlichen Beilegung eines Konfliktes mir Unterstützung eines Mediators. Der Vorteil gegenüber einem gerichtlichen Verfahren ist die kurze Verfahrensdauer und der über­sicht­liche Kostenfaktor. Da es sich hier je­doch um ein eigenverantwortliches Verfahren handelt ist Voraussetzung, dass eine Einigungsbe­reitschaft zwischen den Parteien besteht, da der Erfolg des Verfahrens insbesondere von den betei­ligten Parteien abhängt.

Schlichtung: Bei der Schlichtung handelt es sich, ähnlich wie bei der Mediation, um eine gütliche Einigung unter Beteiligung eines neutralen Dritten. Der Schlichter erörtert die Sach- und Rechtslage und kann z.B. bei Baustreitigkeiten bei Bedarf einen Sachverständigen hinzuziehen. Im Gegensatz zum Mediator macht der Schlichter einen unverbindlichen Einigungsvor­schlag. Auch für dieses Verfahren gilt, dass es nur erfolgsversprechend ist, wenn die Parteien grundsätzlich Ge­sprächs- und Einigungsbereit sind.

Schiedsverfahren: Hier erfolgt ähnlich einem gerichtlichen Verfahren eine Erörterung der Sach- und Rechtslage durch ein sachkundiges Schiedsgericht. Im Fall baurechtlicher Streitig­keiten resultiert hieraus somit eine bautechnische oder baubetriebliche Tatsachenfest­stellung.

Adjudikation: Adjudikation ist ein Verfahren aus dem englischen Recht und klärt nur das Verhältnis zwischen zwei Parteien. Es ist ein auf den Baubereich fokussiertes  Verfahren, bei dem von einer neutralen, fachkompetenten Person – dem Adjudikator – eine eigenständige Sachverhaltsermittlung durchgeführt wird.

ZielGrundlagenErgebnis
 

 

 

Mediation

–      Freiwilliges, eigen­verantwortliches  Verfahren zur Konfliktbeilegung

–      Im Vordergrund steht selbstbe­stimmte Problemlösung durch die Parteien, die durch einen Dritten gefördert wird. Rechtliche Beurtei­lung steht nicht im Vordergrund

–      Mediator ist neut­ral und  vermittelt nur

MediationsG

 

–       Entscheidungsvor­schlag obliegt den Konfliktbe­teiligten. Abschlussvereinba­rung in Form eines Vergleiches.

–       Mediator macht keinen konkreten Lösungsvor­schläge und trifft keine Entschei­dung, sondern führt die Parteien zu einer selbstbestimmten Lösung

 

Schlichtung

–       Gütliche Streitbeilegung unter Beteiligung eines neutralen Dritten, der nur eine Vermittlerrolle hat

–      Erörterung der Sach- und Rechtslage

 

Basis ist eine Schlich­tungsordnung bzw. Schlichtungsverfahrens­regelung–       Schlichter macht unverbindlichen Einigungsvor­schlag
Schiedsgericht–       Erörterung der Sach- und Rechtslage durch ein  sachkundiges Schiedsge­richt

–       Verbindliche Feststellung  und Bewertung von Fakten

Basis ist eine Verfah­rensordnungVerbindlicher Schiedsspruch, durch das Schiedsge­richt, der wie ein gerichtliches Urteil wirkt.
 

 

Adjudikation

–      Speziell für Bausa­chen konzipiert

–      Adjudikator kann auch bei Konflikten während der Bauphase  hinzugezo­gen werden.

–      Adjudikator nimmt die Sachverhaltsermittlung eigenständig war

Basis ist eine Adjudikati­onsordnungAdjudikator trifft innerhalb von 28 Tagen eine vor­läufige verbindli­che Entscheidung, die durch eine gerichtli­che Entscheidung für vollstreckbar erklärt werden kann

Alternative Konfliktbeilegungen in der Berufs-Haftpflichtversicherung

Die Bedeutung und die Vorzüge alternativer Konf­liktbeilegungen haben zunehmend auch die Versi­cherer erkannt. In den letzten Jahren sind immer mehr auch alternative Lösungen in die Versicherungsbedingungen aufgenommen wor­den. Wäh­rend das Schiedsgerichtsverfahren mittlerweile schon fast standardmäßig enthalten ist, gibt es inzwischen auch Versicherer, die Schlichtung oder Mediation bedingungsgemäß anbieten. Voraussetzung für eine Beteiligung des Versiche­rers ist, dass Streitgegenstand Schadenersatzansprüche sind, die unter den Versicherungsschutz fallen. Da der Versicherer, wie oben dargestellt, im Versicherungsfall die Prozessführung- und Schadenregulierung übernimmt, ist in jedem Fall zu empfehlen, dass der Versicherungs­nehmer vor Zustimmung eines alternativen Verfah­rens wie Schlichtung oder Mediation Rücksprache mit seinem Versicherer hält bzw. sich mit diesem abstimmt. Meist findet sich bereits in den Versi­cherungsbedingungen ein Hinweis, dass die Kosten für die alternativen Verfahren nach Absprache übernom­men werden.

Auf dieses Weise kann sichergestellt werden, dass der Versicherungsnehmer die Obliegenheiten aus dem Versiche­rungsvertrag erfüllt und der Versicherer seiner Abwehr- und Regulierungsaufgabe im Interesse des Versicherungsneh­mers gerecht werden kann.

Fazit

Wie aus der vorangegangenen Darstellung ersichtlich wird, gibt es zahlreiche Möglichkeiten, um Rechtsschutz zu erlan­gen und Konflikte zu lösen. Welches Verfahren sich eignet kann nur individuell entschieden werden. Im Vorfeld eines Projektes kann aber z.B. bereits eine vertragliche Regelungen aufgenommen werden, wie man sich im Falle eines Konfliktes verständigen möchte. Im Konfliktfall stehen ansonsten verschiedene Lösungs- und Beratungsmöglichkeiten von unterschiedlichen Stellen zur Verfügung.

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Über den Autor: Mona Rizkallah

Mona Rizkallah studierte Rechtswissenschaften in Osnabrück, Heidelberg und Bielefeld und seit 2009 in der HDI Versicherung AG im Produktmanagement Firmen und freie Berufe, Berufshaftpflicht-Versicherung Architekten und Ingenieure, tätig.