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Neue Pflichten für Elektro- und Elektronikgeräte (EEE) aus Sicht von Herstellern und Anwendern

11.06.2021

Der Gesetzesentwurf zur Änderung des ElektroG (ElektroG 2022) hat die Hürde des Gesetzgebungsverfahrens passiert und wird zum 1.1.2022 in Kraft treten. Dabei werden mit dem ElektroG 2022 weitreichende Änderungen eingeführt, die u.a. Anforderungen an die Produktkennzeichnung und Registrierung von EEE sowie die Rückgabe und Entsorgung von Altgeräten betreffen. Nachfolgend werden die für Hersteller und Endnutzer von EEE wesentlichen Gesetzesänderungen dargestellt.

Kennzeichnungspflicht mit dem Symbol der durchgestrichenen Mülltonne für B2B-Geräte

Die Kennzeichnungspflicht mit dem Symbol der durchgestrichenen Mülltonne besteht bisher nur für EEE, „die in privaten Haushalten genutzt werden können“ (B2C-Geräte). Zukünftig gilt die Kennzeichnungspflicht mit dem Symbol der durchgestrichenen Mülltonne für sämtliche EEE, sofern diese unter den Anwendungsbereich des ElektroG 2022 fallen. Daher müssen ebenfalls B2B-Geräte spätestens nach dem Ablauf einer Übergangsfrist (§ 46 Abs. 4 ElektroG 2022, 1.1.2023) mit dem Symbol der durchgestrichenen Mülltonne gekennzeichnet werden.

Pflicht zur Vorlage eines Rücknahmekonzepts, § 7a ElektroG 2022

Nach § 7a ElektroG 2022 werden Hersteller von EEE, die ausschließlich in anderen als privaten Haushalten genutzt werden bzw. gewöhnlich nicht in privaten Haushalten genutzt werden (B2B-Geräte) zur Vorlage eines Rücknahmekonzepts verpflichtet. Das Konzept dient u.a. der Darstellung, wie gewerbliche Endnutzer, bspw. Gebäudebetreiber, Altgeräte an den Hersteller oder einen von ihm beauftragten Dienstleister zurückgeben können. Die Vorlage eines Rücknahmekonzepts ist Voraussetzung für eine Registrierung bei der Stiftung ear, § 6 Abs. 1 Nr. 2 ElektroG 2022. Die Pflicht zur Vorlage eines Rücknahmekonzepts betrifft auch Hersteller von B2B-Geräten, die bereits vor dem Inkrafttreten des ElektroG 2022 ordnungsgemäß registriert worden sind. Jedoch müssen diese Hersteller ein Rücknahmekonzept nach § 46 Abs. 1 ElektroG 2022 erst bis zum 30.6.2022 vorlegen. Im Übrigen gilt die Pflicht zur Vorlage eines Rücknahmekonzepts ab dem Inkrafttreten des ElektroG 2022 zum 1.1.2022.

Erweiterung der Entnahmepflicht des Endnutzers, § 10 Abs. 1 S. 2 ElektroG 2022

Derzeit ist für den Endnutzer nur eine Entnahmepflicht bezüglich Altbatterien und Altakkumulatoren vorgesehen, sofern diese nicht von dem Altgerät umschlossen sind. Die Entnahmepflicht wird durch § 10 Abs. 1 S. 2 ElektroG 2022 auf Lampen erweitert, sofern diese „zerstörungsfrei aus dem Altgerät“ entnommen werden können. Insbesondere gewerbliche Verwender bzw. Endnutzer von EEE sollten daher künftig darauf achten, Lampen aus Altgeräten zu entnehmen, sofern dies „zerstörungsfrei“ möglich ist.

Erweiterung der Informationspflichten, §§ 18, 19a ElektroG 2022

  • 18 Abs. 4 ElektroG 2022 erweitert die herstellerspezifischen Informationspflichten gegenüber privaten Haushalten. Neben den bisher bestehenden Informationspflichten müssen Hersteller den Endnutzer künftig über die Entnahmepflicht nach § 10 Abs. 1 ElektroG 2022 informieren. Ferner müssen Hersteller künftig über die Pflicht von Vertreibern zur unentgeltlichen Rücknahme von Altgeräten informieren. Nach § 18 Abs. 4 S. 1 ElektroG 2022 müssen die Informationspflichten ab dem Zeitpunkt des Anbietens von EEE erfüllt werden. Von besonderer Bedeutung ist zudem § 18 Abs. 4 S. 2 ElektroG 2022. Hiernach müssen die mitzuteilenden Informationen dem EEE in schriftlicher Form beigefügt werden. Ein bloßer Hinweis zu Informationen auf der Website des Herstellers reicht somit nicht aus.

Zudem führt § 19a ElektroG 2022 herstellerspezifische Informationspflichten für B2B-Geräte ein, die gegenüber dem Endnutzer des B2B-Geräts zu erfüllen sind. So müssen Endnutzer von B2B-Geräten künftig über die Entnahmepflichten nach § 10 Abs. 1 ElektroG 2022, über die vom Hersteller bzw. Bevollmächtigten geschaffenen Möglichkeiten zur Rückgabe und Entsorgung der Altgeräte, die Eigenverantwortung der Endnutzer im Hinblick auf das Löschen personenbezogener Daten auf den zu entsorgenden Altgeräten und die Bedeutung des Symbols der durchgestrichenen Mülltonne informiert werden. Parallel zu § 18 Abs. 4 ElektroG 2022 dürfte davon auszugehen sein, dass die Informationspflicht nach § 19a ElektroG 2022 ab dem Zeitpunkt des Anbietens von EEE zu erfüllen ist. Kritikwürdig ist, dass weder in § 19a ElektroG 2022 noch innerhalb der Gesetzesbegründung klargestellt wird, in welcher Form die Informationen in Bezug auf B2B-Geräte dem Endnutzer mitzuteilen sind. Da eine schriftliche Beilegung der mitzuteilenden Informationen in § 19a ElektroG 2022 nicht explizit gefordert wird, dürfte eine Informationsmitteilung auf der Website des Herstellers den gesetzlichen Anforderungen genügen.

Verschärfung der Entsorgungsverantwortung des Herstellers, § 19 ElektroG 2022

  • 19 ElektroG 2022 führt zu einer Verschärfung der Entsorgungsverantwortung des Herstellers. Bisher können Hersteller ihre Entsorgungsverantwortung für B2B-Altgeräte durch vertragliche Vereinbarungen auf den Endnutzer des jeweiligen B2B-Geräts abwälzen. In diesen Fällen muss der Endnutzer des B2B-Geräts für eine Entsorgung des Altgeräts sorgen. Die Möglichkeit zur Übertragung der Entsorgungsverantwortung auf den Endnutzer besteht ab dem in Kraft treten des ElektroG 2022 nicht mehr. Hersteller von B2B-Geräten müssen daher zwingend Rückgabemöglichkeiten einrichten und grundsätzlich die anfallenden Entsorgungskosten tragen. Nur hinsichtlich der grundsätzlich bestehenden Kostentragungspflicht des Herstellers besteht die Möglichkeit, mit dem Erwerber bzw. Endnutzer des B2B-Geräts abweichende Vereinbarungen zu treffen, § 19 Abs. 3 S. 3 ElektroG-2022.

Sowohl Hersteller als auch betroffene Endnutzer sollten umgehend prüfen, inwiefern eine vertragliche Vereinbarung über die Übertragung der Entsorgungsverantwortung ab dem in Kraft treten des ElektroG 2022 weiterhin wirksam ist.

Inkrafttreten des BattG 2021 und EU-Batterieverordnungsentwurf

Auch die Regelungen über Batterien spielen als Bestandteile von EEE eine große Rolle für Hersteller und Endnutzer, zumal die batterierechtlichen Regelungen auch für Batterien gelten, die in Geräte eingebaut sind. Bereits zum 1.1.2021 ist das Änderungsgesetz zum BattG in Kraft getreten ist. Wichtigste Neuerung ist, dass die bisher geltende Anzeigepflicht für Batterien durch eine Registrierungspflicht bei der Stiftung ear ersetzt wurde, § 4 BattG 2021. Ohne eine ordnungsgemäße Registrierung dürfen Batterien nicht mehr in den Verkehr gebracht werden. Zudem erfüllt ein Inverkehrbringen von Batterien ohne Registrierung einen Bußgeldtatbestand nach § 29 Abs. 1 Nr. 4 BattG 2021 und stellt ein wettbewerbswidriges Verhalten des registrierungspflichtigen Herstellers dar. Hersteller, die bis zum 31.12.2020 bereits eine ordnungsgemäße Anzeige vorgenommen haben, müssen jedoch erst zum 1.1.2022 registriert sein, § 31 Abs. 2 BattG 2021.

Dynamisch Entwicklungen sind auch auf europäischer Ebene zu beobachten. So hat die Europäische Kommission am 10.12.2020 den Entwurf einer EU-Batterieverordnung (COM/2020/798 final) veröffentlicht, der für die Herstellung und den Vertrieb von Batterien weitreichende Änderungen vorsieht. So soll u.a. eine CE-Kennzeichnungspflicht für Batterien eingeführt werden. Vorgesehen sind zudem Nachhaltigkeits- und Sicherheitsanforderungen für Batterien, deren Einhaltung durch Konformitätsbewertungsverfahren zu prüfen ist.

Ausblick

Die eben dargestellten Neuerungen sind nicht abschließend und zeigen, wie wichtig es ist, die aktuelle Gesetzgebung im Blick zu behalten.  Dies gilt nicht nur für Hersteller, Importeure oder Händler, sondern häufig auch für gewerbliche Endnutzer. So wird etwa die Verschärfung der Entsorgungsverantwortung des Herstellers nach § 19 ElektroG 2022 weitreichende Konsequenzen in Vertragsverhältnissen zwischen dem Hersteller und dem jeweiligen (gewerblichen) Endnutzer von EEE haben.

 

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Suhayl Ungerer

Suhayl Ungerer ist Rechtsanwalt in der Franßen & Nusser Rechtsanwälte PartGmbB, einer hochspezialisierten, bundesweit tätigen Kanzlei für die Rechtsgebiete Umwelt-, Produkt und Planungsrecht mit Büros in Berlin und Düsseldorf. Er berät vor allem Hersteller, Händler und Importeure zu produktumwelt- und produktsicherheitsrechtlichen Fragen.