Blindflug des Gesetzgebers
Versicherungsschutz im neuen SiGG unzureichend - Foto: Björn Bielesch/Pixabay
Versicherungsschutz im neuen SiGG unzureichend
In dem Referentenentwurf des Bundesministeriums des Innern und für Heimat für das neue Sicherheitsgewerbegesetz (SiGG) spielt das Thema Bewachungshaftpflichtversicherung keine Rolle. Die Deckungsvorgaben aus dem Jahr 1963 werden fortgeführt. Fatal und dringend änderungsbedürftig.
Seit Jahren besteht der Bedarf, die Regeln, nach denen Sicherheitsdienstleistungen in Deutschland erbracht werden, auf ein zeitgemäßes Niveau zu bringen. Insbesondere der BDSW hat sich seit langem dafür eingesetzt, dass ein eigenständiges Gesetz für die Sicherheitswirtschaft erlassen wird, welches viele Unzulänglichkeiten der aktuellen Regelung im Gewerberecht beseitigen soll. Nun liegt der Entwurf vor und er zieht von vielen Seiten und aus unterschiedlichen Gründen Kritik auf sich. In diesem Artikel wird der Punkt des Versicherungsschutzes betrachtet.
Mindestversicherungssummen und Deckungsinhalte werden fortgeschrieben
Der einzige Bezug zu dem Thema Versicherungsschutz findet sich in § 4 (2) Ziffer 4. Dort wird ausgeführt, dass der Gewerbetreibende eine Haftpflichtversicherung nachweisen muss, mehr nicht. Statt eine eigene Rechtsgrundlage zu schaffen, in der dieses Thema vernünftig und zeitgemäß geregelt ist, gibt es nur den Hinweis zu „irgendeiner“ Haftpflichtversicherung. Statt durch das SiGG die Bewachungsverordnung mindestens in diesem Punkt zu ersetzen, wird offenbar implizit darauf Bezug genommen, denn eine andere Regelung fehlt komplett. Bedeutet: Die Mindestversicherungssummen und Deckungsinhalte, die mit der Realität der Sicherheitsdienstleister nichts mehr zu tun haben, da sie im Wesentlichen auf dem Stand von 1963 beruhen, werden fortgeschrieben.
Es gibt neben dem Mindeststandard des BDSW insbesondere die DIN 77200-1 für Sicherheitsdienstleistungen, die hier eine Basis bietet, auf der aufgesetzt werden kann. Statt dies zu tun und damit die in der DIN enthaltenen Mängel bei den Vorgaben zum Versicherungsschutz zu heilen, macht der Gesetzgeber: Nichts! Niemandem ist damit gedient, weder dem Bewachungsunternehmen, welches trotz im Wesentlichen unbegrenzter Haftung nur niedrige Summen liefern muss, noch den Auftraggebern, die durch die Pflichtversicherung in ausreichendem Umfang geschützt werden sollen.
Befördert wird jedoch die an dieser Stelle sehr niedrige Schwelle für den Markteintritt von neuen Unternehmen. Mittlerweile werden Bewachungshaftpflichtpolicen für nur 400,00 € im Jahr angeboten. Genügt für eine Gewerbeanmeldung, genügt nicht, um im Schadenfall als Unternehmen zu überleben und als Auftraggeber geschützt zu sein. Insoweit ist die Nichtregelung vom Gesetzgeber unverantwortlich.
ATLAS hat hier sowohl dem BDSW als auch dem BVMS Vorschläge zur Änderung vorgelegt. Diese wurden vom BVMS komplett übernommen und in die eigene Stellungnahme eingearbeitet. Folgende Punkte sind wesentlich:
- Zeitgemäß hohe Summen, insbesondere für die Beschädigung und Vernichtung bewachter Sachen, Abhandenkommen bewachter Sachen und Schlüsselverluste
- Versicherungsschutz für reine Vermögensschäden ohne Deckungsausschlüsse
- Deckung auch für strafbare Handlungen der Sicherheitsmitarbeiter (Brandstiftung, Diebstahl und Telefon-/Internetmissbrauch) gemäß Rechtsprechung des BGH
- Umwelthaftpflichtversicherung inklusive des notwendigen Umwelthaftpflicht-Regresses.
Dieser Versicherungsschutz ist für jedes Unternehmen am Markt erhaltbar, auch bei verschiedenen Versicherern und Maklern, so dass es keine unüberwindbare und damit unzulässige Markteintrittsbeschränkung darstellt. Allerdings nicht für 400,00 € im Jahr. Aber mehr ist eine Deckung auf dem Niveau von 1963 eben auch nicht wert.
„In Abänderung von § 14 BewachV muss der Gewerbetreibende eines Sicherheitsgewerbes eine Haftpflichtversicherung in mindestens folgendem Umfang jederzeit vorhalten und bei Beantragung des Gewerbes und jeder anderen behördlichen Aufforderung zu einem späteren Zeitpunkt nachweisen:
2.500.000 € für Personen- und Sachschäden pauschal
250.000 € für Vermögensschäden ohne Deckungsausschlüsse, inklusive der Haftung aus üblichen Datenschutzgesetzen wie DSGVO und BDSG
2.500.000 € für Umwelthaftpflichtschäden inklusive Umwelthaftpflicht-Regress
Im Rahmen der Versicherungssummen für Sach- und Vermögensschäden gelten folgende Versicherungssummen als Sublimite vereinbart:
250.000 € für das Abhandenkommen bewachter Sachen
250.000 € für das Abhandenkommen von Schlüsseln/Codekarten
250.000 € für Bearbeitungs-/Tätigkeitsschäden
Die Höchstersatzleistung des Versicherers für alle Versicherungsfälle eines Versicherungsjahres beträgt mindestens jeweils das Zweifache der vorstehend je Versicherungsfall geltenden Versicherungssummen, bei Umwelthaftpflichtschäden das Einfache.
Die Deckung für Sachschäden umfasst auch Schäden durch Beschädigung oder Vernichtung bewachter Sachen. Mitversichert gilt die Haftung des Sicherheitsunternehmens bei Schäden durch Sicherheitsmitarbeiter im ursächlichen Zusammenhang mit strafbaren Handlungen bei Abhandenkommen, Beschädigung oder Vernichtung bewachter Sachen sowie bei Vermögensschäden. Mitversichert ist die gesetzliche Haftung aus dem erlaubten Besitz und Gebrauch von Waffen, Munition und Geschossen sowie deren Überlassung an Betriebsangehörige.“
Mehr Artikel vom Autor
Bernd M. Schaefer
Diplom-Betriebswirt (FH) Bernd M. Schäfer ist geschäftsführender Gesellschafter der Atlas Versicherungsmakler für Sicherheits- und Wertdienste GmbH, ein Spezialmakler für Sicherheits- und Facility-Management-Unternehmen