Brandschutz im Steiff Museum
Für das Steiff Museum entwickelte der Brandschutzspezialist re’graph im Rahmen eines neuen Brandschutzkonzepts eine individuelle Feuerwehr-Anlaufstation (FAS) mit bedienfreundlicher RWA-Steuerung, integriertem Schlüsseldepot und sabotagesicherer Ausführung. Die Umsetzung des komplexen Projekts erfolgte in enger Abstimmung mit allen Beteiligten und wurde trotz anspruchsvoller Anforderungen termingerecht realisiert.

Der futuristische Rundbau des Steiff Museums wurde im Jahr 2005 eröffnet.
Foto: Margarete-Steiff Gmbh
Im Steiff Museum erleben alljährlich tausende Besucher die Markenwelt des Spielzeugherstellers. Nach der Auflösung der Werkfeuerwehr musste ein neues Brandschutzkonzept her. Neben etlichen baulichen und anlagentechnischen Maßnahmen wurde im stark von Besuchern frequentierten Außenbereich eine Feuerwehr-Anlaufstation mit einigen Besonderheiten installiert.
Jedes Kind kennt ihn – den Teddybären mit dem Knopf im Ohr. Als erstes Plüschtier mit beweglichen Gliedmaßen wurde er im Jahr 1902 von Richard Steiff entwickelt. Mit Karikaturen über den amerikanischen Präsidenten Theodore „Teddy“ Roosevelt begann kurz darauf der Siegeszug des Teddybären und der Marke Steiff um die ganze Welt. Das Unternehmen bereichert junge und junggebliebene Menschen Jahr für Jahr mit immer neuen Kreationen – bis heute in Handarbeit und aus hochwertigen Materialien hergestellt.
Erlebt werden kann die Markenwelt von Steiff im Steiff Museum am Stammsitz des Unternehmens in Giengen an der Brenz. Der im Jahr 2005 eröffnete futuristische Rundbau bietet auf 2.400 qm Fläche unter anderem animierte Traumwelten, eine Ausstellung historischer Steiff Tiere, den weltgrößten Steiff Streichelzoo und eine 15 m lange Schlangenrutsche sowie die Schaufertigung eines Teddys. Das Museum zählt alljährlich mehr als 100.000 Besucher, darunter zahlreiche Familien mit Kindern.
Brandschutz vom Feinsten
Um den Besuchern ein ungetrübtes Erlebnis und dem Personal einen sicheren Arbeitsplatz zu garantieren, besitzen Vorbeugender und Abwehrender Brandschutz deshalb oberste Priorität. Neben baulichen Brandschutzmaßnahmen, der Sicherheitsbeleuchtung und den Löschwasseranschlüssen für die Feuerwehr sorgt eine flächendeckende Brandmeldeanlage (BMA) für eine frühestmögliche Branddetektion. Im Alarmfall steuert sie eine leistungsfähige maschinelle Rauch- und Wärmeabzugsanlage (RWA) und eine dynamische Fluchtweglenkung an, sodass eine schnelle und sichere Evakuierung der meist ortsunkundigen Besucher sowie der Beschäftigten gewährleistet ist. Die Auslegung der RWA mit sechs über die drei Museumsgeschosse verteilten Rauchabschnitten wurde unter anderem durch ingenieurstechnische Methoden bestimmt.
Werkfeuerwehr in Personalnot
Der Stammsitz von Steiff verfügte 75 Jahre lang über eine Werkfeuerwehr, die auch für das Museum zuständig war. Bei der Bedarfsplanung für das Jahr 2022 stellte sich allerdings heraus, dass sie zwar technisch auf aktuellem Stand war, die anstehenden Aufgaben aber mangels Personal nicht mehr bewältigen konnte. Auch an der Werkfeuerwehr war der Fachkräftemangel nicht vorüber gegangen. Mit Wirkung zum 1. September 2024 wurde sie deshalb offiziell aufgelöst. Den Brandschutz für das Steiff Areal und das Steiff Museum übernimmt seither die Freiwillige Feuerwehr Giengen an der Brenz.
Neues Brandschutzkonzept
Die Übernahme der Zuständigkeit durch die Freiwillige Feuerwehr auch für das Museum erforderte umfangreiche Änderungen am Brandschutzkonzept. Vordringliche Schutzziele in diesem Zusammenhang waren eine schnelle Alarmierung der Giengener Feuerwehr im Brandfall sowie ein frühzeitiger und unkomplizierter Zugriff auf die BMA und den nachgelagerten anlagentechnischen Brandschutz. So ist die Brandmeldezentrale des Museums zwar immer noch mit der des Firmengeländes vernetzt, besitzt jetzt aber einen eigenen Hauptmelder. Die vorhandene Löschwassersteigleitung „trocken“ wurde in eine vom Typ „nass“ mit Schlauchanschlüssen für die Feuerwehr umgebaut.
Spezielle Anforderungen
Erforderlich war auch eine Feuerwehr-Anlaufstation (FAS) im Außenbereich. Die Werkfeuerwehr von Steiff gelangte bisher auf kurzem Weg mit eigenen Schlüsseln über den Personaleingang in das Museum. Daraus ergaben sich nicht alltägliche Anforderungen an die geplante FAS. Neben der üblichen Feuerwehr-Peripherie sollten für einen schnellen Zugriff auch die RWA bereits von dieser Stelle aus von der Feuerwehr bedient werden können. Da der Standort an einem stark frequentierten öffentlichen Platz vorgesehen war, sollten alle Komponenten sabotagesicher in die FAS integriert werden.
Optimaler Projektablauf
Im Juni 2023 fand auf der Brandschutzfachmesse Feuertrutz ein erster Kontakt von Steiff mit dem Brandschutzspezialisten re'graph statt. Das Unternehmen bietet ein Komplettsortiment an Feuerwehr-Peripherie und ist in der Lage, in seiner Sonderbau-Abteilung auch spezielle Kundenanforderungen umzusetzen. Drei Monate später erfolgte eine erste Begutachtung der Situation durch re'graph vor Ort, um den erforderlichen Aufbau der FAS und einen möglichen idealen Ablauf zu erfassen. Kurz darauf wurden dem Kunden erste Skizzen zur Ausführung des Schrankes vorgelegt. Weitere zwei Monate später erfolgte ein weiteres Treffen mit den Errichtern von BMA und RWA sowie der Feuerwehr Giengen und dem Betreiber Steiff. Danach erstellte re'graph ein Angebot, das vier Wochen später im März 2024 von Steiff beauftragt wurde. Weitere vier Monate später wurde die fertige FAS ausgeliefert. Insgesamt waren nur zwei Entwurfsfreigaben nötig, um die Anforderungen aller Beteiligten umzusetzen. Neben re'graph waren die Rud. Otto Meyer Technik GmbH (ROM) aus Aalen und die Heldele GmbH aus Salach intensiv am Projekt beteiligt. „Nur durch die kompetente und engagierte Mitarbeit der Projektbeteiligten ist die Einhaltung des anspruchsvollen und außerordentlich straffen Zeitplans möglich gewesen“, betont Löpenhaus, der heute als Brandschutz- und Sicherheitsbeauftragter für die gesamte Steiff-Gruppe Verantwortung trägt.
Anlaufstation mit Besonderheiten
Die FAS enthält neben den üblichen Komponenten wie Feuerwehr-Bedienfeld (FBF), Feuerwehr-Anzeigetableau (FAT) und Feuerwehr-Laufkarten auch einige eher „ungewöhnliche“ Inhalte. So ist nicht nur die Feuerwehr-Einsprechstelle der Elektroakustischen Anlage (ELA) im Schrank untergebracht, sondern auch das nach VdS 2105 zertifizierte Feuerwehr-Schlüsseldepot (FSD) mit Freischaltelement (FSE). Auch die Feuerwehr Giengen war einverstanden, zumal sich an der Einsatztaktik nur wenig ändert: Statt bei Ankunft das FSD zu öffnen, muss jetzt zuerst die FAS aufgeschlossen werden.
Das Anzeige- und Steuertableau für die RWA auf der rechten Seite nimmt den größten Raum im Schrank ein. Da die auf dem Werksgelände vorhandene RWA-Steuerung der einzelnen Rauchabschnitte mit Schlüsselschaltern von Einsatzkräften der örtlichen Feuerwehr nur schwer bedienbar ist, skizzierte Löpenhaus ein neues, bedienungsfreundliches Tableau mit Grafiken und farbigen Bedienelementen. Der Entwurf konnte von re'graph mit nur minimalen Änderungen und einem zusätzlichen Schlüsselschalter zur manuellen Freigabe umgesetzt werden. Das RWA-Tableau ist als Schwenkrahmen ausgeführt, um die dahinterliegende Elektronik zugänglich zu halten. Zu betonen ist, dass die RWA mit ihren Rauchgasventilatoren und Zuluftöffnungen zunächst automatisch und mit einem festgelegten zeitlichen Ablauf aufgrund der spezifischen Meldung durch die BMA für die Räumungsphase gesteuert wird. Eine im späteren Einsatzablauf mögliche manuelle Bedienung der RWA-Anlage durch die öffentliche Feuerwehr kann jedoch bei den Löscharbeiten zusätzlich unterstützen.
Die FAS wurde mit einem auskragenden Regenschutzdach an der Fassade im Bereich des Museums-Cafés installiert. Dazu wurde ein Teil der vorhandenen Sitzfläche zurückgebaut und die FAS passgenau eingebracht.