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Fragwürdiger Einsatz von Sicherheitsfirmen

12.09.2021
Die Sicherheitsfirmen sind ein Appendix ungelöster oder militärisch unlösbarer Konflikte.
Bildnachweis: iStock Urheber: zabelin
Die Sicherheitsfirmen sind ein Appendix ungelöster oder militärisch unlösbarer Konflikte. Bildnachweis: iStock Urheber: zabelin

Umstrittene Aufträge von Afghanistan bis Libyen – fehlende Regularien

„Söldner und Unternehmen operieren in Afrika – oft auf sehr undurchsichtige Weise“. Diese Bewertung des Einsatzes von „Sicherheitsfirmen“ auf dem schwarzen Kontinent nahm Anfang Juli die „Deutsche Welle“ vor. Man verkauft und kauft Sicherheit – was immer darunter zu verstehen ist. Die besten Abnehmer für diese Dienstleistungen finden sich unter anderem in Afrika.

„Failed States“, Staaten in denen das politische und soziale Leben zusammengebrochen ist, die Wirtschaft keinerlei Regelungen mehr unterliegt und auf dem Gebiet der Justiz das Recht des Stärkeren herrscht, bieten lukrative Einnahmequellen für Unternehmen, die quasi militärische Dienste anbieten, möglichst unter dem Etikett Sicherheitsdienstleistung – oft als Private Military & Security Companies (PMSCs) etikettiert.

Aktuell muss dabei auf dem afrikanischen Kontinent an erster Stelle Libyen genannt werden. Seit vor zehn Jahren Muammar al-Gaddafi gestürzt wurde, versinkt das Land in einem blutigen Chaos. Chalifa Haftar, einst Vertrauter von Gaddafi, dann Mitarbeiter des US-Geheimdienstes CIA, führt dort einen Krieg gegen die Regierung in Tripolis. Einem vertraulichen Bericht der Vereinten Nationen zufolge – so Pressemeldungen Anfang dieses Jahrs – wurde Haftar unter anderem von Eric Prince, einem bekannten Trump-Freund und Gründer der Militärfirma Blackwater, die heute Academi heißt, unterstützt. Der Ex-Elitesoldat bestreitet dies.

Wirecard und Söldner

Prince habe, wie es heißt, Haftar im April 2019 in Kairo eine Militär-Operation vorgeschlagen, die dem General in seinem Kampf gegen die international anerkannte Regierung des Landes unterstützen sollte, so der UN-Bericht. Haftar bediente sich auch des privaten russischen Sicherheits- und Militärunternehmen „Gruppe Wagner“. Ihr gehören  Söldner an, denen Menschenrechtsverletzungen in der Zentralafrikanischen Republik zur Last gelegt werden.

In Libyen suchte auch der Drahtzieher des Wirecard-Betrügers, Jan Marsalek, Kontakt zu dubiosen Sicherheitsfirmen. Sein zeitweiliger Berater Kilian Kleinschmidt gab hierzu zu Protokoll, Marsalek habe ein gänzlich neues „Migrationsmanagement“ in Libyen entwickeln wollen und deutlich gemacht, den Aufbau und die Ausbildung einer 15.000 bis 20.000 Mann starken bewaffneten Söldnertruppe zu planen, welche die Südgrenze Libyens gegen Migrantinnen und Migranten „abriegeln“ sollte. So ist es in der Drucksache 30900 des Bundestages vom Juni dieses Jahres zu lesen.

Verträge mit Putschisten?

Die Spur dubioser Sicherheitsunternehmen führt auch nach Deutschland. „Die deutsche Sicherheitsfirma Asgaard präsentiert sich nach außen seriös und professionell. Fotos, Videos und Social-Media-Posts zeigen aber: Mitarbeiter der Firma sympathisierten mit der NS-Zeit“, schrieb das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ im vergangenen Jahr. Die ASGAARD German Security Guards - Consulting GmbH kam in die Schlagzeilen, als bekannt wurde, dass sie mit dem im Exil lebenden islamistischen Clanboss und selbsternannten Präsidenten von Somalia, Abdinur Darman, einen Vertrag über vier Millionen Euro abschloss. Asgaard sollte behilflich sein, Darman in Mogadischu an die Macht zu putschen. Dafür wurden „mehr als hundert Ex-Bundeswehrsoldaten für den Bürgerkrieg am Horn von Afrika angeheuert.“ („Focus“) Daraufhin hatte 2010 die Staatsanwaltschaft Münster Ermittlungen aufgenommen, bei denen geprüft wurde, ob Asgaard gegen den Paragrafen 109h des Strafgesetzbuches verstoßen hat, der das Anwerben Deutscher für Wehrdienst bei einer fremden Macht verbietet, und darüber hinaus eine Verletzung des Embargos der Vereinten Nationen gegen Somalia vorliegt. Einige Jahre später kam es tatsächlich zu Verurteilungen.

Unkontrollierte Freiräume

Der Rückzug staatlicher Sicherheitsorgane aus Konfliktbereichen, schafft bedenkliche, unkontrollierte Freiräume. Sie heißen Blackwater oder DynCorp und nennen sich Sicherheits-Dienstleister. Sie sind Unternehmen, die bewaffneten Schutz und bewaffnete Begleitung für Objekte wie für Personen in den Kriegs- und Krisengebieten der Welt anbieten. Ihre Struktur scheint sich jeder Regulation zu entziehen, konstatierte vor einiger Zeit der „Deutschlandfunk“.

Zugleich seien, so die Bundeszentrale für politische Bildung, „dieselben Firmen, die im Kontext moderner Kriegführung eingesetzt werden, auch in konfliktfreien OECD-Staaten aktiv. Die weltweit größte Private Militär- und Sicherheitsfirma, das britische Unternehmen G4S, das einen Jahresumsatz von zehn Milliarden US-Dollar hat und für das über 600.000 Mitarbeiter in über 110 Ländern arbeiten, schützt beispielsweise britische Diplomatinnen und Diplomaten in Afghanistan und betreibt ein Abschiebehaftzentrum in Österreich.“

Immer mehr Private in Kriege verwickelt

Damit kommen wir zum aktuellsten Thema: Afghanistan. Das Machtvakuum, das nach dem Abzug der NATO-, vor allem der US-Truppen nach 20 Jahren Krieg entsteht, wird verschiedenste Akteure auf den Plan rufen. „Sollen das private amerikanische Sicherheitsfirmen übernehmen?“ fragte jüngst die „Tagesschau“. Ob Afghanistan, Irak, Libyen, Mali oder andernorts, die Sicherheitsfirmen sind ein Appendix ungelöster oder militärisch unlösbarer Konflikte. „Nach UN-Angaben sind weltweit immer mehr private Sicherheits- und Militärdienstleister in Kriege verwickelt – auch auf dem afrikanischen Kontinent. Doch ihr Verhalten zu regulieren, stellt sich als äußerst schwierig heraus. Genau das macht sie für viele Auftraggeber so attraktiv“, unterstrich im Juni der „Deutschlandfunk“.

Eine von der UN und dem UN-Menschenrechtsrat angestrebte Regulierung des Einsatzes von PMSC ist bisher nicht zu einem erfolgreichen Ergebnis gelangt. Dies wäre aber angesichts sich ständig ausweitender Konfliktzonen dringend geboten.

Bildnachweis: iStock Urheber: zabelin

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Peter Niggl

Peter Niggl, Journalist und Chefredakteur der Fachzeitschrift Security Insight